Wann, wenn nicht jetzt? Der Monat November ist nun mal einfach der Monat für die Toten, für Trauer und Erinnerung. Volkstrauertag, Allerheiligen und Totensonntag liegen nun mal nicht im Mai.
Aber auch der Dezember, und vielleicht noch viel mehr als manche ahnen, ist ein Monat, in dem viel getrauert wird. An kaum einem anderen Tag im Jahr wird der schmerzliche Verlust eines geliebten Menschen einem so bewusst wie am Heiligabend, Weihnachten oder Silvester. Das sind für viele intensive Tage des Zusammenseins, die man ungerne alleine verbringt. Insofern passt mein Artikel ganz gut.
Ich möchte Dir einige Wege aufzeigen, wie Du besser mit Trauer umgehen kannst. Das sind teilweise wirklich ganz konkrete Tipps und Möglichkeiten.
Falls Du selber gerade in keiner Trauersituation bist, dann möchte ich Dich bitten, diesen Artikel Menschen zu schicken, die in diesem oder letztem Jahr jemand verloren haben. Vielleicht kann das eine oder andere ihnen helfen.
Ich benutze in diesem Artikel die männliche Form. Das heißt, ich spreche von „dem Verstorbenen“. Irgendwie musste ich mich entscheiden und das schien für mich der beste Weg. Natürlich ist immer auch „die Verstorbene“ gemeint und ich bitte Dich, den Text für Dich so zu lesen, wie es für Dich stimmt.
1. Lass Dir nicht einreden, Du müsstest loslassen!
Vielleicht kennst Du das. Du hast jemanden vor einigen Wochen oder vielleicht sogar Monaten verloren. Die Trauer hat sich zwar verändert, aber immer noch musst Du weinen, vielleicht traust Du Dich auch manchmal nicht aus dem Haus, weil Du nicht wieder weinen willst. Du willst ja keinem zur Last fallen. Und dann kommen von guten Freunden und Freundinnen oder von der Familie die guten Ratschläge - geboren aus Unsicherheit und Unwissenheit: Du musst auch mal loslassen, Du musst ihn/sie gehen lassen. Oder andere unterhalten sich über Dich und sagen: Sie kann leider nicht loslassen.
Und vielleicht sagst Du das auch über Dich selber.
Aber bei der Trauer geht es nicht um loslassen, es geht um Wandlung der Beziehung. Die Beziehung war bisher ganz auf die Begegnung in dieser physischen Welt konzentriert. Nun ist der Mensch gestorben, mit dem Du viel Zeit Deines Lebens verbracht hast, den Du liebst. Es geht jetzt darum, von der Begegnung in der physischen Welt zur Begegnung im Herzen zu finden. Das braucht viel Zeit, aber das ist der Weg.
Wenn Du den Verstorbenen loslassen sollst, dann klingt das wie das Kappen aller Leinen, das Wegschicken, nicht mehr daran Denken, ja, Vergessen. Aber darum geht es nicht, das ist nicht das Ziel. Ziel ist es zu lernen, den Verstorbenen in Deinem Herzen nahe zu sein.
2. Du kannst Deine Trauer begrenzen
Wer in einer akuten Trauersituation ist, der kennt die einen überfallenden Trauerreaktionen, die Weinkrämpfe, die Heulattacken. Das ist im Grunde ganz normal und manchmal dauern diese Reaktionen recht lange und Du kommst nicht mehr dazu, Deinen Alltag zu organisieren. Natürlich kann es nicht Sinn der Trauer sein, dass Du aufhörst in dieser Welt zu leben und da musst Du Dich um bestimmte Dinge kümmern. Direkt nach dem schmerzlichen Verlust musst Du Dich vielleicht um die Trauerfeier kümmern, später um Versicherungen, um Deinen Haushalt, Deinen Job, all diese profanen ganz alltäglichen Dinge des Lebens.
Es kann daher hilfreich sein, wenn Du Deiner Trauer Zeiten gibst, wo sie im Vordergrund steht und Zeiten ausweist, wo sie im Hintergrund bleibt und Du Dich um den Alltag kümmern kannst.
Es kann Dir zudem ein besseres Gefühl vermitteln wenn Du spürst, dass Du Deinen Alltag wieder im Griff hast.
Sage Dir zum Beispiel, dass Du jeden Morgen eine halbe Stunde trauerst, Dir einen gemütlichen Platz suchst, vielleicht nimmst Du Dir ein Bild des Verstorbenen dazu und lässt Deiner Trauer und Deinen Tränen freien Lauf. Nach einer halben Stunde aber stehst Du auf und beginnst Deinen Alltag zu leben. Und dann nimmst Du Dir später wieder eine Zeit für die Trauer. So kannst Du die Trauer begrenzen, ohne sie zu unterdrücken.
„Die Zeit heilt nicht alle Wunden,
sie lehrt uns nur mit dem Unbegreiflichen zu leben.“
3. Nimm Dir Deine Zeit
Gibt es eine Zeit, nach der man die Trauer durchlebt haben sollte? Eigentlich nicht. Und wenn, dann gewiss nicht nach 6 Wochen oder einem Jahr. Vielleicht eher nach zwei Jahren solltest Du wieder festeren Boden unter den Füßen haben. Aber auch das hängt ganz vom Einzelfall ab. Lass Dich also bitte nicht - von niemandem - unter Druck setzen. Trauer braucht Zeit und lässt sich nur schwer beschleunigen. Ich erzählte weiter oben von den Menschen, die Dir vielleicht sagen: Du musst auch mal langsam loslassen. Meistens steckt dahinter eine eigene Unsicherheit und sie wollen eigentlich sich selber helfen. Das ist nicht böse gemeint, es ist ein Zeichen von Unsicherheit. Lass Dich aber dennoch davon nicht unter Druck setzen. Nimm Dir die Zeit, die Du brauchst.
4. Sieh die Trauer als Gast in Deinem Leben
Ich will es Dir gleich sagen: die Trauer, gerade, wenn Du um einen sehr nahen Menschen trauerst, sie wird Dich nie ganz verlassen. Daher ist es gut, wenn Du sie ab einem bestimmten Zeitpunkt als Gast sehen kannst. Trauer ist der Preis der Liebe und Ausdruck von Liebe. Wenn Du Trauer als Gast siehst, dann kannst Du sie viel eher zulassen. Und Du weißt, dass Gäste nicht für lange bleiben, sie sind keine Bewohner, sondern werden Dich wieder verlassen. Wenn die Trauer also plötzlich wiederkommt, dann sag ihr: Da bist Du ja wieder, warst lange nicht da. Sei willkommen, denn Du verbindest mich mit dem Menschen, den ich liebe.
5. Schaffe Dir und dem Verstorbenen einen sicheren Ort
Zunächst ist es wichtig, dass Du Dir selber einen sicheren Ort schaffst. das machst Du mit Deinem Vorstellungsvermögen. Du imaginierst Dir einen Ort, wo Du ganz sicher und geborgen bist, wo Du Dich niederlassen kannst und alle Wunden geheilt werden. Dorthin kehrst Du immer wieder zurück und tankst Kraft und Ruhe. Dort ist der Ort, wo Du vor der Erschütterung der Trauer Ruhe finden kannst.
Im zweiten Schritt suchst Du einen Ort, wo Du den Verstorbenen hingeben kannst. das kann ein imaginierter Ort sein, ein realer Ort, den Du in Deine Vorstellung nimmst. Dorthin kannst Du den Verstorbenen geben, dort wartet er auf Dich, dort geht es ihm gut und alles was war - und gerade, wenn der Tod besonders schlimm, dramatisch und vielleicht sogar drastisch war - alles wird geheilt und versorgt. Es ist der Ort, wo ihr Euch immer wieder begegnen könnt.
6. Trauer ist nicht linear
Es ist gut, wenn Du beginnst, Trauer nicht linear zu verstehen. Meiner Erfahrung nach gibt es im Trauerprozess viele scheinbare Wiederholungsschleifen. Dann sagen sich Trauernde: Ach, ich dachte, dass ich schon weiter gewesen bin. Oder: ich mache offenbar wieder Rückschritte. Das sind ganz normale Prozesse. Trauer ist kein Prozess, wo man bei A beginnt, dann B, C und D durchläuft, um bei E anzukommen. Trauer geht mal hierhin mal dahin, sucht sich Vergangenes und geht in die Zukunft. Lass Dich also nicht irritieren, wenn Du plötzlich Dinge tust, die Du vor einem halben Jahr getan hast, wenn Du plötzlich weinen musst, obwohl Du schon seit Wochen nicht mehr weinen musstest.
7. Nutze Rituale für Dich
Gerade in der Trauer können Rituale sehr hilfreich sein. Die Trauerfeier, das Gedenken am Jahrestag, die Routine einer Beziehung, die Wiederholungen in der Trauer können hilfreich sein und Stabilität geben. Aber vielleicht hilft es auch, ganz bewusst eigene Rituale zu schaffen und über Rituale nachzudenken, die sich mit der Zeit ergeben haben. Frage Dich, ob sie Dir gut tun, Dir helfen, die Beziehung zum Verstorbenen zu wandeln und die Realität anzuerkennen. Dabei sind nicht immer die Rituale die besten, in denen Du nicht weinst, sondern die, die Dich wirklich unterstützen.
Vielleicht möchtest Du abends eine Kerze anzünden, oder holst aus dem Schrank eines der Kleidungsstücke des Verstorbenen, um ihm nahe zu sein?
Vielleicht gehst Du jeden Samstag zum Grab, kaufst eine Rose und legst sie auf das Grab?
Vielleicht schreibst du jede Woche ein Brief an den Verstorbenen und erzählst von Deinem Leben?
Es gibt so viele Möglichkeiten. Finde Du Deine eigenen!
Ergänzung
Lies Geschichten!
Ich finde, dass Geschichten ein sehr hohesPotential haben zu trösten und weiterzu7bringen. Und gerade bei Trauer können gute Geschichten sehr hilfreich und stärkend sein. Es gibt Bücher mit Trauergeschichten oder lies einfach mal wieder in den Märchen der grbüder Grimm. Gerade in Märchen wirst du viele Anhaltspunkte finden, die Dir jetzt helfen können. Vertraue den geschichten und lasse sie auf Dich und deine seele wirken. Du wirst spüren, dass Sie Dir zutiefst gut tun.
Alternativ gibt es natürlich viele Hörbücher, Die Du ebenfalls für Dich einsetzen kannst oder Du schaust bei Youtube nach. Aber Märchen finde ich immer noch die beste Wahl.
Das sind nur ein paar Hinweise, was Dir vielleicht helfen kann. Vielleicht machst Du es ganz anders und es hilft Dir auch. Gut!
Wir haben ja alle vermutlich ganz unterschiedliche Vorstellungen von dem, was „helfen“ bedeutet.
Entscheidend ist, dass Du Deinen Weg gehst und tust, was Dir hilft.
Ich wünsche Dir dabei viel Kraft, Mut und das Empfinden, gehalten zu sein.
DAVID