Du hast alles! Die überraschende Wahrheit.

12. April 2025

Als ich noch in der Aids-Hilfe arbeitete, begegneten mir immer wieder dieselben Phänomene. Ich hatte es oft mit Klienten zu tun – meist Männer –, die von Hartz IV lebten. Sie waren intelligent, in der Lage, ihr Leben zu organisieren, ihre Ernährung zu planen, ihren Alltag zu strukturieren. Bis zu dem Moment, an dem sie ihren Job verloren oder aus dem System fielen. Ab da begann ein Prozess, den ich immer wieder beobachten konnte.

Kaum waren sie im Bezug von Hartz IV, schien sich ihr innerer Zustand radikal zu verändern. Ihre Kreativität schwand. Ihre innere Lebendigkeit wurde weniger. Vor allem aber verloren sie das Gefühl, aus der Fülle leben zu können. Ihr Denken und Fühlen richtete sich zunehmend auf Mangel aus: „Ich habe zu wenig“, „Ich brauche mehr“, „Ich komme nicht klar.“

Das hatte tiefgreifende Konsequenzen. Um diesen Mangel zu kompensieren, griffen viele nach Dingen, die sie sich eigentlich nicht leisten konnten. Es ging dabei nicht um Luxus, sondern um das Bedürfnis, etwas zu haben. Etwas besitzen zu können, um sich selbst zu beweisen: Ich bin noch da. Ich habe noch Macht über mein Leben.

Mangel als Haltung

In dieser Zeit habe ich verstanden, was es bedeutet, im Mangel zu leben. Es ist nicht nur ein äußerer Zustand – es ist eine innere Haltung. Eine Sichtweise auf die Welt. Du erkennst sie daran, dass du nichts abgeben kannst. Dass du alles festhalten willst. Dass du Angst hast, es könnte zu wenig sein. Und dass du dich ständig vergleichst.

Wenn du dich mit anderen vergleichst und dabei regelmäßig schlechter abschneidest, lebst du im Mangel. Wenn du dich als Opfer siehst – als jemand, dem etwas fehlt, dem etwas genommen wurde –, dann sitzt du mitten im Mangeldenken.

Das Tragische: Selbst Menschen, die objektiv in Fülle leben, können sich innerlich im Mangel befinden. Ich kenne eine sehr wohlhabende Frau, die ständig Angst hat zu verarmen. Sie könnte in Saus und Braus leben – und doch lebt sie in ihrem Inneren in einem Zustand der Angst, der Knappheit, der Sorge. Die äußere Realität spielt dabei kaum eine Rolle.

Fülle als Urzustand

Dabei ist Fülle unser natürlicher Zustand. Wir kommen aus der Fülle. Ein Säugling, der satt und geborgen in den Armen seiner Eltern liegt, strahlt genau das aus: Ich bin. Es ist genug. Alles ist da.

Diese ursprüngliche Erfahrung prägt uns tief. Und doch verlieren wir sie oft viel zu früh. Durch Vernachlässigung, durch Erfahrungen von Mangel in der Kindheit, durch emotionale Kälte, durch gesellschaftliche Prägungen. Vernachlässigung ist vielleicht die subtilste und zugleich zerstörerischste Form von Gewalt. Wer als Kind zu wenig Aufmerksamkeit, zu wenig Liebe, zu wenig Zuwendung erfährt, wird innerlich auf Mangel programmiert. Für das ganze Leben.

Und dieser Mangel ist gefährlich. Denn wer aus dem Mangel lebt, ist verführbar. Er braucht ständig etwas von außen, um sich innen ganz zu fühlen. Ob Konsum, Abhängigkeit, Sucht, Anerkennung – alles wird zum Ersatz für das, was fehlt.

Auch die Spiritualität kennt Mangel

Selbst in der Religion und Spiritualität finden wir diese Dynamik. Die Idee, dass du nicht genug bist. Dass du mehr beten, mehr meditieren, mehr verzichten musst, um „würdig“ zu sein. Dass Gott dich vielleicht straft, wenn du nicht genug tust. Ein Punkte-Sammel-System für den Himmel – wie eine spirituelle Payback-Karte.

Doch echte Spiritualität will dich nicht klein machen. Sie will dich zurückführen in die Fülle. In den Zustand, in dem du dich getragen fühlst. Versorgt. Genährt.

Der Weg zurück

Wie aber kommen wir zurück in die Fülle? Die Antwort ist ebenso einfach wie herausfordernd: Wir müssen sie wieder lernen. Oder besser: wieder erleben.

Ein erster Schritt ist, zu erkennen, wo du bereits Fülle hast. Vielleicht hast du Zeit. Vielleicht hast du Freundschaften. Vielleicht hast du Talente. Oder schlicht: deine Lebendigkeit.

Gerade Menschen, die von Sozialleistungen leben, haben oft ein Gut im Überfluss, das andere verzweifelt suchen: Zeit. Diese Zeit kann zur Währung werden. Zeit, sich zu entwickeln, zu lernen, zu gestalten. Fülle beginnt da, wo du dich auf das konzentrierst, was da ist – und nicht auf das, was fehlt.

Ein zweiter Schritt: Stelle dich bewusst in den Strom des Lebens. Spüre, wie das Leben durch dich fließt. Lass es zu. Öffne dich für das, was da ist – in dir und um dich herum. Du bist lebendig. Du bist hier. Du bist Teil dieses wunderbaren Prozesses, den wir Leben nennen.

Fülle leben – ganz konkret

Was kannst du heute tun, um mehr aus der Fülle zu leben?

  • Gib etwas weiter – auch wenn es nur ein freundliches Wort ist. Wer gibt, erlebt Fülle.
  • Vergleiche dich weniger – und wenn du dich vergleichst, dann mit dir selbst: Wo warst du gestern, und wo bist du heute?
  • Wertschätze das, was da ist – und nimm wahr, wie viel du schon hast.
  • Spüre deinen Körper, dein Leben, deine Gegenwart – du bist hier. Du bist genug.

Fülle ist kein Ziel. Fülle ist ein Zustand. Eine Haltung. Ein inneres Zuhause.

Und vielleicht ist genau jetzt der richtige Moment, dich daran zu erinnern, dass das Leben selbst Fülle ist – und du eingeladen bist, es in Saus und Braus zu leben.

Nicht das Geld. Das Leben.


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