Du sehnst dich nach Frieden. Warum die „Herrschaft der Zwei“ dich trotzdem fesselt

25. Oktober 2025

Die Welt ist eine große Versuchung. Eine riesige Einladung in die Versuchung, um genau zu sein. Sie lädt uns nämlich immer wieder aufs Neue ein, in Freund und Feind zu denken, in Polaritäten zu denken.

Und mal ganz ehrlich: Grundsätzlich sind Polaritäten ja was Gutes und etwas Fruchtbares. Sie bringen Dynamik und Entwicklung ins Leben. Stell dir vor, du hast Tag und Nacht, Licht und Schatten – das gibt unserem Alltag Struktur, oder?

Aber hier kommt der Haken, der uns oft das Leben schwermacht: Wenn aus dieser Polarität eine Dualität wird – eine Zweiheit, die sich einfach nicht zusammenfinden will. Dann wird's problematisch!

Die Welt will uns ständig in diese Herrschaft der Zwei hineinziehen. Du siehst es überall, es ist so einfach zu erkennen. Schau dir nur mal die aktuelle Politik an. Sie ist oft darauf ausgerichtet, dass du einen Feind hast.


Die Falle des Feindbildes

Vielleicht hast du ja auch schon einen Feind? Hast du schon jemanden gefunden, bei dem du ganz klar sagst: Gegen diesen Menschen bin ich. Das ist mein Feind. Vielleicht hast du es noch nicht so laut ausgesprochen, aber die innere Haltung ist da: einen Feind zu haben.

Wenn du den schon siehst, bist du mittendrin in der Herrschaft der Zwei. Du steckst im Feindbild fest.

Die ganze Welt, die ganze Politik – gerade die gegenwärtige – will, dass wir Freund und Feind finden. Es wird uns dargeboten, begründet, dargelegt, wo du deine Feinde sehen sollst und wo deine Freunde. Das ist die große Versuchung: dass wir in die Herrschaft der Zwei geraten und dort auch bleiben.

Klar, dass wir da immer mal wieder reinrutschen, ist normal, das ist ein Teil unseres Weges. Aber es geht darum zu erkennen, wann du in dieser Herrschaft der Zwei bist und wie du wieder rauskommst.

Gerade in dieser Zeit der starken Polarisierung unserer Gesellschaft ist es so wichtig, da selbst herauszukommen, aus dieser Herrschaft der Zwei, und ins Reich des Einen zu finden. Deshalb sprechen so viele von Einheit – philosophisch, spirituell. Denke an Jesus und den einen Gott, das Eine. Das ist die Befreiung. Weg aus der Trennung, zurück zur Einheit.


Dein Feind, dein Spiegel: Die Macht der Projektion

Oft sind Feinde ja auch einfach nur Projektionen von uns selbst. Wenn wir es schaffen, aus dieser Dualität, aus der Herrschaft der Zwei, herauszukommen, können wir vielleicht auch erkennen, wo wir Menschen oder Feinde gefunden haben, auf die wir dann das projizieren können, was wir ablehnen.

Das ist der erste Schritt – und er ist so wichtig für unsere Weiterentwicklung!

Wenn ich Menschen ablehne, was ist es dann an ihnen und was ist eigentlich ein Teil von mir? Wo genau liegt die Projektion?

Diesen Teil zurückzuholen und zu erkennen: "Das bin ich, das ist das, was ich in mir ablehne" – das ist nicht einfach. Aber es ist unglaublich wichtig und wertvoll für deine innere Arbeit und deine Entwicklung. Deine Projektion zurückzuholen, ist einer der fruchtbarsten Wege für die eigene, auch spirituelle, Weiterentwicklung.

Also: Schau dir an, wo du ablehnst. Und dann versuch, das Abgelehnte als einen Teil von dir zu erkennen. Wo ist das in dir gelagert? Wo lebt das in dir, wo hat das in dir eine Stimme? So kannst du es dir schrittweise wieder aneignen als etwas, das du bei dir siehst. Dann musst du es nicht mehr im Außen erkennen. Deswegen ist es so wichtig zu sehen, dass ein Feind oft etwas mit Projektion zu tun hat – auch auf kollektiver Ebene.


Liebe deine Feinde: Der Schlüssel zur Nondualität

Wenn wir dann diesen berühmten Satz hören, diesen Kernsatz des Christentums: Liebe deine Feinde.

Feindesliebe als der höchste Grad der Liebe überhaupt. Wie kann man seine Feinde lieben? Das klingt doch anspruchsvoll, überhöht, vielleicht sogar zu anspruchsvoll, oder?

Aber hinter der Feindesliebe steckt mehr als nur die Fähigkeit, die Projektion aufzulösen. Das ist schon ein wichtiger Weg der Feindesliebe: Wenn ich die Projektion zurücknehme, muss ich den anderen nicht mehr hassen. Das ist eine Form der Feindesliebe.

Das Nächste ist: Feindesliebe ist der christliche Ausdruck dafür, in die sogenannte Nondualität zu kommen, in die Einheit zurückzukommen. Nicht mehr Freund und Feind zu sehen, sondern nur noch Menschen.

Denn Freund und Feind heißt: Du bist dort und bleibst dort. Ich bin hier. Du bist der Feind und dich lehne ich ab. Damit setze ich eine Grenze – die ist krass und klar, je schlimmer der Feind für mich ist. Aber das führt eben in die Trennung hinein, aus der wir eigentlich herauswollen. Zumindest ist das unser spiritueller Auftrag.

Das nennt man Nondualität: nicht mehr in "hier" und "dort" zu denken, sondern in der Einheit zu denken. Und das beginnt ganz klar bei der Feindesliebe.

Man könnte sagen: Wenn Jesus das Wort "Liebe" sagt, dann meint er im Grunde diese Nondualität. Liebe ist für ihn der Ausdruck für Einheit. Dafür, nicht mehr zu denken: "Du dort, ich hier", sondern zu denken: "Wir. Alles. All." Das ist Liebe – wegzukommen vom Freund-Feind-Denken. Das ist keine Liebe. Liebe ist Ausdruck von Nondualität.


Täter und Opfer ins Herz nehmen: Die höchste Übung

Wie kann das gelingen? Ist es möglich, dahin zu kommen?

Ich muss da immer an eine Erfahrung aus der Aufstellungsarbeit denken. Uns wurde als Aufstellungsleiter immer wieder klar gemacht: Wenn du da sitzt und die Geschichte hörst, die oft schon von Freund und Feind erzählt – "Jemand hat mir etwas angetan" – dann ist die Lösung:

Nimm Täter und Opfer ins Herz.

Versteh mich nicht falsch. Das heißt nicht, dass alles nicht so schlimm war. Juristisch bleibt alles gleich. Das muss verfolgt und bestraft werden. Es muss auch etwas getan werden. Keine Frage.

Aber es braucht Menschen, die Täter und Opfer ins Herz nehmen. Die sich dadurch nicht in die Dualität bringen lassen, die nicht in der Herrschaft der Zwei leben, sondern im Reich des Einen.

Opfer können das oft nicht. Natürlich nicht. Das ist ihnen auch nicht zu verdenken.

Aber du als spiritueller Mensch kannst es üben.

Du kannst es politisch üben: die Palästinenser und die Israelis beide ins Herz zu nehmen. Beides sind total verwundete Nationen. Ins Herz zu nehmen. Das heißt nicht, der eine hat Recht, der andere nicht. Nein. Ich nehme nur beide ins Herz, und trotzdem finde ich falsch, was da passiert. Aber ich nehme beide ins Herz, weil es hier um Menschen geht, um Verletzung, um Kränkung, um Not auf allen Seiten.

Das ist Nondualität. Alles kommt ins Herz.

So verstanden ist Feindesliebe kein moralischer Anspruch à la: "Ich muss meine Feinde lieben. Wie soll ich das bloß machen?" Nein, es ist Befreiung.

Befreiung aus der Herrschaft der Zwei ins Reich des Einen. Und das Reich des Einen ist das Reich der Liebe.

Tja, und insofern kann man sagen: Der Feind, den du hast – wer immer es auch sein mag für dich – ist für dich eigentlich ein spiritueller Lehrer. Er lehrt dich und hilft dir, wenn du diese Aufgabe annimmst, ins Reich des Einen zu kommen, in die Liebe zu kommen. Dafür ist er da.


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