Vor ein paar Tagen hat mich jemand etwas gefragt, das ich richtig spannend fand:
Wie kommt eigentlich meine Erkenntnis ins Herz?
Wir machen ja, wenn wir auf dem spirituellen Weg sind, ständig neue Erkenntnisse. Wir verstehen plötzlich etwas über uns, über unsere Beziehungen, über unser Leben. Wir sehen klarer, wie es uns gerade geht – und was sich vielleicht ändern sollte.
Und ehrlich gesagt: Wir wissen ja schon ziemlich viel.
Wir wissen, was wir tun sollten. Wir wissen, dass wir loslassen sollten, weniger kontrollieren, mehr vertrauen. Wir hören das in Seminaren, lesen es in Büchern, sehen es in Videos. Und ja – es leuchtet uns ein.
Aber dann passiert oft: nichts.
Wir wissen es – und trotzdem handeln wir nicht danach.
Die Erkenntnis bleibt im Kopf. Sie bekommt kein Fleisch, kein Leben.
Warum ist das so? Und wie gelingt es, dass unsere Erkenntnisse in den Körper, ins Herz, ins Leben sinken?
Genau darum soll es hier gehen. Ich möchte dir fünf Wege zeigen (und am Ende noch einen kleinen Zusatz), wie du Erkenntnisse wirklich umsetzen kannst.
Ich nehme als Beispiel das Thema Kontrolle abgeben – weil es so zentral ist und gleichzeitig so schwierig. Kontrolle loszulassen heißt, sich den Ängsten zu stellen, die dahinter stecken. Denn Kontrolle gibt uns ein Gefühl von Sicherheit. Wir wollen, dass die Dinge so laufen, wie wir sie geplant haben. Und genau das macht uns oft unfrei.
Wie also kommt die Erkenntnis „Ich sollte Kontrolle abgeben“ wirklich in mein Herz – sodass ich es nicht nur weiß, sondern auch lebe?
1. Nutze deinen Körper
Spüre in deinen Körper hinein:
Wo fühlst du, was es bedeutet, Kontrolle abzugeben – im positiven Sinne?
Vielleicht spürst du ein bisschen Weite, vielleicht Freiheit, vielleicht auch eine leichte Unsicherheit. Das ist okay. Bleib einfach bei dem Gefühl.
Wenn du eine Erkenntnis wirklich hattest – nicht nur gelesen, sondern innerlich verstanden –, dann kannst du sie körperlich wahrnehmen. Und genau das hilft dir, sie zu verankern.
Denn aus der Neuropsychologie wissen wir: Was wir immer wieder spüren, verstärkt sich.
Mit der Zeit wird der Zugang stärker, natürlicher, tiefer. So wird aus der Erkenntnis ein Stück gelebte Wirklichkeit.
2. Wiederhole den Gedanken
Sag dir im Laufe des Tages immer wieder langsam:
„Ich darf Kontrolle abgeben.“
Die spirituelle Tradition kennt die Kraft der Wiederholung seit Jahrhunderten. Das Jesusgebet oder das Herzensgebet sind nichts anderes als wiederholte Sätze, die sich in unser Inneres einsenken.
Wiederholung ist kein Rückschritt, sondern ein Werkzeug.
Sie lässt etwas in unser Unbewusstes tröpfeln.
Also: Sag dir bei vielen kleinen Gelegenheiten – im Alltag, beim Aufräumen, beim Warten, beim Kochen –
„Ich darf Kontrolle abgeben.“
Und jedes Mal wird etwas in dir stiller, freier, weiter.
3. Mach ein Ritual daraus
Rituale helfen uns, etwas sichtbar und spürbar zu machen.
Sie geben einem Gedanken Form, Gestalt, Ausdruck.
Wenn du Kontrolle abgeben willst, kannst du das symbolisch tun.
Mach zum Beispiel eine Faust – halte fest – und öffne sie dann langsam:
„Ich darf loslassen.“
Das wirkt. Denn dein Unbewusstes liebt Bilder.
Durch das Ritual sprichst du direkt mit deinem Inneren, ohne Umwege über den Verstand.
Mach das in einem besonderen Rahmen, nicht zwischen Tür und Angel. Vielleicht mit Musik, einer Kerze oder einem kurzen Text, der dich einstimmt. Gib dem Moment Bedeutung – dann wird er zur Tür in dein Inneres.
4. Stell dir die Verwirklichung vor
Wie wäre dein Leben, wenn du Kontrolle loslässt?
Wie gehst du dann zur Arbeit, wie kochst du, wie begegnest du anderen?
Stell dir das so konkret wie möglich vor.
Wie fühlst du dich? Wie bewegst du dich?
Auch das ist eine Kommunikation mit deinem Unbewussten. Du zeigst ihm:
Da will ich hin. Das ist gut. Das ist schön.
Und wenn du diese innere Haltung immer wieder visualisierst, öffnet sich langsam ein Weg dorthin.
5. Schaffe dir Erinnerungshilfen
Gestalte deinen Alltag so, dass du immer wieder daran erinnert wirst, Kontrolle abzugeben.
Ein kleiner Stein auf dem Schreibtisch, ein Zettel mit dem Satz „Ich darf loslassen“, eine Blume, die dich daran erinnert – solche Dinge können zu stillen Verbündeten werden.
Sie holen dich im Laufe des Tages immer wieder zurück zu deinem Vorsatz:
Ja, ich will loslassen. Ich will frei sein von Kontrolle.
6. Und noch ein Zusatz: die „Was-wäre-wenn“-Frage
Diese kleine Übung begleitet mich seit einiger Zeit – und sie wirkt.
Immer wieder frage ich mich:
„Was wäre, wenn ich Kontrolle abgegeben hätte?“
Was wäre, wenn ich jetzt einfach vertraue?
Was wäre, wenn ich nicht eingreife, nicht plane, nicht festhalte?
Ich mache das in allen möglichen Momenten: an der Ampel, im Aufzug, beim Warten.
Manchmal betrifft es nicht nur äußere Dinge, sondern auch Gedanken – denn auch sie können ein Mittel sein, Kontrolle zu behalten.
Diese Frage hilft mir, tiefer in eine andere Haltung zum Leben zu kommen – eine Haltung des Vertrauens.
Das sind sechs einfache, aber kraftvolle Wege, wie deine Erkenntnisse nicht im Kopf steckenbleiben, sondern ins Herz und in dein Leben wandern.
Dass dir das gelingt, wünsche ich dir von Herzen.

