Wie du in der heutigen Gesellschaft du selbst bleibst

17. Februar 2024

Der Wunsch ganz ich selbst zu sein - ist das eine der typischen Phrasen der Selbsterfahrungsszene, der Spirituellen und Esoteriker, die einfach nicht zufrieden sein können mit dem eigenen Leben, die sich immer wieder etwas ausdenken und neue Trends setzen müssen, um dann damit auch noch Geld zu machen? 


Bist du schon im richtigen Leben?

Nein, ist es nicht, denn es ist eine Erfahrung, die viele machen - du vielleicht auch. Es ist das Gefühl, nicht ganz das Leben zu führen, das man führen sollte und nicht alles zu leben, was in dir steckt. Da gibt es noch so viel in dir und doch bleibst du hinter dem zurück. Du spürst, dass es noch nicht das Richtige ist, so wie du lebst, das kann es noch nicht sein, das fühlt sich nicht nach Fülle und Erfüllung an. Und so stellt sich die Frage, wie man sich denn selbst findet. Und unsere Gesellschaft hat zudem wenig Interesse daran, dass du dich findest, dass du zu dir zurückkehrst. Es beginnt tatsächlich in der Schule. Es gibt wunderbare Lehrer, gar keine Frage. Aber das Ziel der Schule - so habe ich es erfahren und ich vermute, dass sich daran im System auch nichts verändert hat, das Ziel ist es nicht, dass ich mich finde, dass ich meinen ganz eigenen Weg entdecke und diesen gehe, dass ich meine Welt leben darf. Am Ende sind wir dafür da, in dieses System reinzupassen, Geld zu verdienen, morgens zur Arbeit zu gehen, vielleicht noch Kinder zu zeugen und damit möglichst zufrieden zu sein. Und auch in vielen Familien sieht es oft nicht anders aus. Auch in modernen Familien nicht. Da hat sich gewiss viel getan und ich kann nicht mehr aus eigenen Erfahrungen berichten. Doch die Zahl der psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen ist ja nicht rückläufig und daher kann es gar nicht so gut aussehen im Leben der Kinder in den Familien. 


Sich zu verlieren ist in dieser Welt normal

Und es macht gar keine Mühe weitere Protagonisten auszumachen, die daran interessiert sind, dass du dich in ihrem Sinne entwickelst. Religionen, die Wirtschaft und damit verbunden auch der Konsum, die Politik bis hin zu den Medien. Sie alle haben meistens einen Hintergedanken. Und Hintergedanken heißt, dass sie eine mehr oder weniger geheime Absicht haben, die mit dir nichts zu tun hat. Sie haben etwas anderes im Sinn. Daran wird sich auch nicht viel ändern - wir werden immer die Aufgabe haben uns in dieser Welt zu finden. Wir kommen als Säuglinge auf diese Welt und müssen erst das Leben lernen - anders als bei Reptilien, die schon selbständig sind, wenn sie geboren werden. Wir Menschen sind es nicht, wir müssen unsere Fähigkeiten erst noch erlernen. Und dazu gehört auch zu entdecken, wer ich bin und wie ich leben möchte - gerade in unserer Gesellschaft, die so viele Lebenswege ermöglicht, ist das wichtig. Im Kern geht es darum, dich selbst zu finden und immer wieder neu aufzusuchen. Denn der Verlust der Selbstbezogenheit ist zunächst ganz normal. Schon wenn du dich um etwas intensiv kümmerst, kann es dir passieren, dass du dich nicht mehr spürst, sondern ganz in der Tätigkeit aufgehst. Das ist wirklich normal. Oder es kann sein, dass du gerade Ärger oder Angst bekommst, auch dann haben wir meistens nicht den Eindruck wirklich ganz bei uns zu sein, sondern eher von einem inneren Aspekt absorbiert zu werden. Wenn du dann anschließend wie von selbst wieder zu dir findest, läuft alles wunderbar, aber oft ist es eben so, dass wir nicht automatisch wieder zu uns finden. Oder wir haben ganz generell den Eindruck nur noch zu funktionieren und Rollen zu spielen. Wir leben gar nicht unser Potential, wir leben nicht unsere Berufung, wir gehen nicht unseren Weg, wir tun nicht, was wir tun müssten und sollten, wir leben ein Leben, das nicht unseres ist. Das sind die extremen Formen, die sich zeigen, wenn wir nicht bei uns selbst sind. 

Was aber braucht es, damit ich zu mir selbst komme oder anders gefragt, was braucht es, damit ich bei mir selbst bleiben kann? Oft sind wir ja in unserem Leben ganz bei uns, spüren uns, spüren unsere Wärme und Liebe, unseren Weg und die Verbundenheit zu Gott. 


Schütze dich!

Das erste Wichtige, was du tun kannst und auch musst, ist, dich zu schützen. Du darfst dich vor dieser Welt und ihren Einflüssen schützen. Sich zu schützen heißt ja nicht, alle Beziehungen zu kappen, auf Distanz zu allen und allem zu gehen, es heißt zu schauen, was dir guttut und was nicht. Welcher Mensch tut dir in deinem Umfeld gut und wer nicht, und schau weiter auf deine Arbeit, auf deine Hobbies, auf Bücher und Filme. Schau auf alle Bereiche deines Lebens und gestalte sie soweit möglich so, dass sie zu dir passen und dich immer wieder mit dir in Verbindung bringen. Und das tun sie, wenn du dich für sie entscheidest, wenn sie eine innere positive Resonanz hervorrufen und du sie mit einer Motivation tust, die nicht von äußeren Belohnungen abhängt. Zum Schutz können auch innere Bilder gehören. Eine Veränderung deiner inneren Bilder kann Erhebliches verändern. Oft sind es Sprachbilder, die uns helfen, unsere Welt und unser Leben zu deuten und zu verstehen. Ich gebe dir mal ein Beispiel. Wie viele andere hatte ich bis vor kurzem die Angewohnheit bei einem Ärgernis mit einem Freund oder einer Bekannten zu denken, sie ärgert mich, oder das, was er tut, das ärgert mich. Bis ich dann gelernt habe, dass sich die gleiche Situation ganz anders anfühlt, wenn ich sage: Diese aktuelle Zeit unserer Beziehung gefällt mir nicht. Der Unterschied ist, dass ich durch die sprachliche Veränderung nicht mehr meinem Gegenüber die Schuld gebe, sondern einfach die Phase unserer Beziehung als schwierig ansehe und mich damit zum Co-Schöpfer der Schwierigkeiten mache. Es ist nicht mehr ich gegen ihn, sondern es ist unseres. So können innere Sprachbilder eine neue Haltung bieten. Du kannst das Leben als einen Weg der Enttäuschungen und der Schuld sehen oder der Herausforderungen und des Wachstums. Du kannst dich als Entdecker und Forscher sehen oder als Verlierer und Versager. Du kannst der Meinung sein, dich aufgeben zu müssen in Beziehungen. Oder aber du siehst Beziehung als einen Weg von zwei unabhängigen Menschen an - wo jeder sein Leben lebt. Auch das sind ja alles Bilder. Aber auch andere innere Bilder können hilfreich sein. 


Ändere deine inneren Bilder!

Vielleicht entwickelst du ein Bild für dein Selbstgefühl. Ein klassisches dafür ist zum Beispiel das innere Bild: Du stehst auf einem hohen Berg, auf dem Gipfel und schaust in die Weite. Du bist allein, es ist klare herrliche Luft und es scheint die Sonne. Du wirst vermutlich schnell in einen inneren Zustand der Freiheit und der Ruhe kommen, wo alle Alltäglichkeit für ein paar Sekunden von dir abfällt. Und schon bist du wieder mehr bei dir. Das reicht natürlich, einmal vorgestellt, nicht. Aber es kann ein Anfang sein. 

Im Übrigen darfst du dich auch zurückziehen, darfst in dein Zimmer gehen, darfst Feiern und andere Events früher verlassen als sonst. Und du darfst eine Auswahl treffen, darfst zu Hause bleiben. Bei sich zu sein und zu bleiben ist nichts Passives, es ist ein aktives für dich Einstehen und für dich Sorgen. Diese Aufgabe hast zunächst allein du für dich und für dein Leben - die kannst du nicht einfach an andere delegieren. 

Damit haben wir nun ein wenig die Möglichkeit des Schutzes besprochen. Schauen wir jetzt einmal, was du tun kannst, damit du wieder zurückfindest oder damit du überhaupt zu dir findest.


Suche die Freude! 

Und nun möchte ich mit etwas Wichtigem weitermachen. Denn wenn du tust, was dich wirklich erfreut - egal, was es ist, dann ist das ein Tor zu dir selbst und sogar ein Tor zu Gott. Was macht dir also richtig Freude, wo kannst du dich im besten Sinne wirklich darin verlieren? Wenn du weißt, was das ist, dann hast du einen echten Schlüssel zu dir. Und es ist die beste Therapie für schlechte Tage und depressive Zeiten. Ein anderer schneller Weg, der dir immer zur Verfügung steht, ist dein Körper. Spüre dich in deinem Leib, versuche alle Teile deines Körpers wahrzunehmen. Du bist Körper und nicht nur Geist und daher ist der Körper auch so ein guter Weg, zu dir zurückzufinden. Yoga und Tai Chi sind deshalb auch so wertvoll und nicht nur körperlich wirksam. Und dann kannst du auch rausgehen, gerade im Frühjahr und Sommer lohnt sich das jeden Augenblick. Geh in die Natur, komm in Kontakt mit Bäumen und Blumen, geh in den Wald. Wer in den Wald hineingeht, kommt immer als ein anderer Mensch wieder heraus. Es ist wie eine kurze Kur, wie eine kleine Therapie vor Ort. 


Erfahre Stille!

Stille und Meditation sind das nächste, das ich erwähnen und dir empfehlen möchte. Das wird dich sicherlich nicht überraschen. In der Stille begegnest du dir sehr intensiv, du hast dann nur dich - und niemand und nichts kann dich ablenken. Das sind kostbare und - ich gebe es zu - oft auch nicht ganz leichte Augenblicke. Stille auszuhalten ist oft schwer. Daher ist Meditation der Übungsweg, der dir dabei hilft. Und zur Meditation gehört dann noch eine andere wichtige Fähigkeit, die du erlernen solltest, nämlich die Fähigkeit, dich selbst zu beruhigen. Wenn du in Krisenzeiten oder bei Angst dich nicht beruhigen kannst und nicht weißt, wie das geht, dann kommst du nur schwer wieder zu dir und kannst reagieren, wie du es wirklich willst und nicht aus einer Automatik heraus. Dazu solltest du entsprechende Wege für dich gefunden haben. Das ist wirklich wichtig. 


Verzichte auf Äußerlichkeiten!

Mache dich auch unabhängiger von äußeren Dingen, von Konsum und auch von Medien. Ich weiß selbst hinsichtlich von Medienkonsum, was das heißt. Versuche deine innere Qualität und Ruhe zu suchen und darin zu bleiben und nicht der Versuchung zu erliegen, dass das Äußeres dir helfen kann und dir Ruhe verschafft. Ein Kauf ist oft nur solange attraktiv und hat eine Wirkung, bis du das Gekaufte in den Händen hältst. Ausgepackt und aufgestellt oder angezogen ist der Reiz oft schon weg. 


Auch durch Schmerz kannst du dich fühlen.

Und dann noch dieser Weg - er ist nicht der schönste und leichteste. Spüre deinen Schmerz, spüre deine Angst. Durch Angst und Schmerz kannst du dich immer spüren. Es ist ein Spüren von dir selbst. Es ist schwer, Angst und Schmerz nicht nur als negativ zu bewerten. Daher ist es wichtig, das frühzeitig einzuüben. Wer gleich mit den großen Schmerzen beginnt, weil er es vorher versäumt hat, der hat es schwer. Wer aber mit kleinsten Ereignissen anfängt, kann es dann leichter, wenn es wirklich große Angst und Schmerzen auszuhalten gilt. Und dann spürst du dich, ja, auch das ist ein Spüren von dir selbst. Und es gibt kein Leben ohne Angst und ohne Schmerz - jede und jeder wird im Laufe des Lebens einmal das eine oder das andere erfahren müssen.

korrigiertes Transskript


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