Viel wird von Gelassenheit gesprochen und geschrieben. Willst Du auch gelassener sein? Die meisten wissen nicht, dass dieses Wort von einem Mystiker kommt, der eine klare Vorstellung davon hat, was Gelassenheit ist und wie wir sie erlangen. Und seine Vorstellungen sind auch für uns heute richtig und hilfreich. Ich werde Dir davon erzählen.
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Transskrip (überarbeitet)
Ach, wir wollen alle ja irgendwie gerne gelassener sein, Gelassenheit finden. Wir sind in so vielen Dingen verwoben und damit beschäftigt, es regt uns auf. Es ärgert uns, es ängstigt uns vielleicht sogar. Und dann denken wir: Ach, man müsste gelassener sein. Es gibt so viele Menschen, die nach Gelassenheit suchen und verschiedene Seminare besuchen, um immer wieder in diese Gelassenheit zu finden. Was ist das eigentlich, gelassen zu sein?
Vielleicht ganz entspannt auf einer Hängematte liegen oder auf dem Sofa zu Hause. Oder spazieren zu gehen, ziellos, einfach so ganz entspannt, zufrieden. Gelassenheit ist wirklich so zu einem Synonym geworden für Glück, geglücktes und zufriedenes Leben, wo wir nicht mehr mit all diesen Dingen, die wir erleben, verwoben sind und beschäftigt sind, sondern einfach frei davon da sind.
Das alles ist eben Gelassenheit. Gelassenheit. Gelassener müsste man sagen. Du musst gelassener sein. Was ist Gelassenheit? Woher kommt Gelassenheit? Das Wort Gelassenheit kommt von Meister Eckhart. Eckhart hat viele Worte erfunden, die wir heute benutzen. Zum Beispiel Bildung ist ein Wort, das wir heute für Schule, Universität, Erwachsenenbildung, Jugendbildung benutzen. Ja, dieses Wort ist aus der Mystik gekommen.
Als Gelassenheit erfunden wurde
Bildung hat Meister Eckhart erfunden, und er hat das Wort und daneben noch andere Worte, die wir auch gerne benutzen und die in unsere Alltagssprache eingegangen sind. Er hat auch das Wort Gelassenheit erfunden. Aber er meinte es durchaus ein wenig anders. Nicht ganz, aber doch. Es gibt da Nuancen der Unterschiede zu dem, was wir heute gelassen nennen. Bei Meister Eckhart geht es immer wieder darum, uns von den Dingen, die uns normalerweise beschäftigen, zurückzuziehen, hic et hoc, dies und das nannte das Meister Eckhart, dies und das, dies und jenes, also Dinge, mit denen wir verwoben sind.
Diese Rolle, die wir haben, die Aufgaben, die wir haben, das ist alles wichtig. Nicht, dass wir das nicht mehr tun sollten, aber wir sind eben so darin verwoben, dass wir darin aufgehen. Dies und das, hic et hoc, im Lateinischen, das hat er immer wiederholt um zu sagen: Hey, ihr seid mit diesem hic et hoc verwoben, in diesen Einzelheiten seid ihr verwoben. In diesen vielen kleinen Mosaiksteinchen, die euer Leben ausmachen, seid ihr mittendrin, und ihr müsst euch daraus zurückziehen, innerlich zurückziehen.
Der Alltag gehört dazu
Ihr müsst das machen. Auch Meister Eckhart musste seine Vorlesung halten, war Oberer in seinem Konvent und hat mit vielen praktischen Dingen zu tun gehabt. Aber innerlich nicht damit verwoben zu sein, das ist die Kunst. Nicht da völlig drin aufzugehen, das ist die Kunst, sondern sich daraus zurückzuziehen, es zu tun, also da zu sein, es zu tun und trotzdem ein wenig zurückzugehen, nicht darin aufzugehen, nicht in hic et hoc, dies und das, dieses und jenes und dieses und das und jenes mache ich alles noch.
Es geht ums richtige Lassen
Eben nicht darin aufzugehen, darin nicht alles reinzusetzen, nicht die ganze Energie hineinzugeben und es nicht so wichtig zu nehmen, sondern sich daraus zurückzunehmen. Wenn ich mich aus all diesem hic et hoc, dies und das zurücknehme, komme ich letztlich zurück in eine große Einheit. Und diese große Einheit ist natürlich, das ist das Göttliche/das ist Gott, der die Einheit schlechthin ist. Das ist aber der erste Schritt , dem tatsächlich sich aus diesem hic et hoc, dies und das zurückzuziehen, das ist Gelassenheit. Ich lasse all diese Dinge, ich lasse dies und das, das und jenes, und dieses und das mache ich noch und jenes, und da bin ich engagiert, und da habe ich Probleme. Und das alles zu lassen, ist ein Übungsweg, gar keine Frage. Aber es geht darum, diesen Übungsweg auch zu gehen, auch wenn es uns noch nicht in allem gelingt, ihn zu gehen und zu beginnen und zu merken, wie ich erst frei werde, wenn ich mich wirklich nicht in all diesen Kleinigkeiten, all diesen Aspekten des Lebens, diesen Miniaturen des Lebens, wenn ich mich darin nicht zu sehr verändere und verankere, sondern mich zurückziehe, gelassen werde.
Raus aus der Fragmentierung
Und wenn ich mich zurückziehe aus diesen ganzen Einzelteilen, diesen ganzen Fragmenten, also weg, raus aus dem fragmentarischen Leben, hin zu der Einheit, zurückfinden zum Kern, dann spüre ich auch Gelassenheit. Dann spüre ich, dass das alles irgendwie getan werden muss, aber nicht das Wichtigste ist und dass es Wichtigeres zu tun gibt, als mich in all diesen Kleinigkeiten, all den Miniaturen, all den Fragmenten aufzuhalten, mich darin zu engagieren und aufreiben zu lassen zum Beispiel.
Zurück zur Einheit
Sondern ich gehe zurück und bin in dieser Gelassenheit. Ich bin in dieser Einheit durch die Gelassenheit. Das ist eben: ich lasse dies und das, diese Einzelheiten des Lebens. Und dann erkenne ich, worauf es wirklich ankommt, was wirklich zentral ist. Hic et hoc, das war wirklich das Wort oder die Erkenntnis von Meister Eckhart und das Synonym genau für diese Grundhaltung, die wir ja kennen und die wir in unserem schnellen Leben ja eigentlich ständig einüben, unser Leben ist ja gefüllt.
Eine kleine Übung
Du kannst es ja mal probieren, einfach mal dies und das zu lassen. Wenn Du durch den Wald gehst, nicht die Einzelheiten zu betrachten. Dieses kleine Blättchen, das kannst du auch machen. Auch schön. Aber diesmal mal nicht, sondern dich zurückzuziehen und das Gesamte zu betrachten und in den Einzelheiten in den einzelnen Pflanzen, Blumen und Tieren und Menschen, die dir begegnen, das Gemeinsame zu sehen, die Einheit zu sehen, zu erkennen, dass, wenn ich bei allen Sachen die Einzelheiten wegnehme, die Eigenschaften wegnehme, alle Eigenschaften. Das ist die Grundaussage von Meister Eckhart, wenn ich von einem Baum, dass Baumhafte nehme, die Farbe nehme, die Form nehme, wenn ich die Rinde nehme, den Geruch nehme. Wenn ich all das nehme, was ich eigentlich sonst brauche, um einen Baum zu beschreiben. Das alles nehme ich einem Baum. Dann bleibt am Ende die göttliche Einheit übrig. Das ist das.
Wenn ich das alles nehme, komme ich automatisch zurück zur Einheit. Dann bleibt am Ende nur noch Gott übrig. Die göttliche Einheit, die unio. Und das ist Gelassenheit, zurückzufinden zu dieser Einheit, mich nicht zu verlieren in den Einzelheiten, sondern in allem diese Einheit zu erkennen und in mir selber und in allem anderen, und sich nicht bei diesen Einzelheiten, diesen Beschreibungen und Eigenschaften aufzuhalten, sondern diese Einheit zu sehen. Das ist Gelassenheit und das ist der Weg für uns.