Das ist das Geheimnis eines richtig guten Tages

17. September 2022

Wir saßen in einem großen Stuhlkreis in einem Hotel in Bad Homburg. Es lag eine wichtige Aufstellungsarbeit hinter uns, wir waren berührt und aufgewühlt und viele Fragen gingen uns durch den Kopf. Es war eine Ausbildungsgruppe und wir wollten alle mal solche Aufstellungen leiten, Aufstellungen voller Dichte, wo die Liebe sich offenbaren konnte, wo Versöhnung und Friede in einer Familie endlich einkehrt. Ja, das war es, was wir wollten. Nur, wie bekommen wir das hin. Unser Ausbildungsleiter, der machte das so leicht und es ging so flüssig, wie man es von einem Ausbildungsleiter erwarten kann.

So saßen wir also mit fragenden Gesichtern. Und Gerhard, unser Ausbildungsleiter, sprach zu uns. Er wusste, was uns auf der Seele brannte. Es war eben nicht nur diese Aufstellung im Besonderen, sondern auch die grundlegende Frage: Wie kann mir das gelingen? Und was er dann sagte, das hat mich bis heute geprägt.


Das Geheimnis...

Er sagte, dass jede gute Aufstellung dadurch gelingt, dass sie gut vorbereitet wird. Die Vorbereitung ist das Geheimnis. Dazu zählt, den Klienten oder die Klientin vorzubereiten, das Thema vorzubereiten und die Gruppe vorzubereiten. Ja, und natürlich auch sich selber. Wer in diese Vorbereitung genug Zeit und Energie investiert, der kann auch tiefe und berührende Aufstellungen leiten.

Das war eine Antwort auf meine unausgesprochene Frage und die hat mich tief getroffen. Und ich habe sie nie nur auf die Aufstellungsarbeit übertragen, sondern gleich auf alle möglichen Situationen meines Lebens.

Plötzlich erkannte ich, dass unser morgendliches Gebet nichts anderes war, als eine Vorbereitung des Tages, damit der Tag an Dichte und Intensität gewinnt. Und auch meine Beratungstätigkeit hat sich dementsprechend verändert.

Jeder Tag braucht seine Vorbereitung und dafür ist natürlich und naheliegend der Morgen die richtige Zeit.

  • Wenn Du einen guten Tag leben möchtest, wenn Du Deinen Tag in einer bestimmten Haltung verbringen möchtest, dann bereite Deinen Tag am Morgen vor.
  • Wenn Du Dich während des Tages vermehrt mit dem Göttlichen oder mit Gott verbunden fühlen möchtest, dann bereite Deinen Tag am Morgen vor.
  • Wenn Du einen anstrengenden Tag vor Dir hast, einen Tag mit schwierigen Gesprächen, dann bereite Deinen Tag am Morgen vor.

Das ist das Geheimnis eines guten Tages.


Vorbereitung = Wertzschätzung

Jeder Tag will vorbereitet werden und braucht auch ein Minimum an Vorbereitung. Es ist eine Form der Wertschätzung dieser Dir gegebenen Zeit. Es ist Wertschätzung Deiner Lebenszeit. Denn der Tag ist der Zeitraum Deiner Verantwortung. Du kannst natürlich alles auf Dich zukommen lassen, lässt es einfach geschehen, schaust, was passiert und ansonsten lässt Du alles zu. Das kann ein Weg sein und wenn er nicht aus Gleichgültigkeit und Faulheit geboren wurde, ist es ein möglicher Weg. Aber auch dann hast Du eine Haltung, die Du in Deinem Tag verwirklichen möchtest. Und auch dafür lohnt es sich den Morgen zu nutzen, um Dich mit dieser Haltung zu verbinden.

Überlasse den Tag nicht sich selber, man überlässt ja auch die eigenen Kinder nicht sich selber, sondern man erzieht sie. Und so ist es auch mit dem Tag, es braucht eine ordnende und liebende Kraft, die am Morgen sicht- und spürbar wird. 

Was kannst Du also tun, damit Dein Tag mehr von dem enthält, was Dir wichtig ist, spiritueller wird, dichter, intensiver, verbundener?

Ich werde Dir jetzt eine Reihe von Vorschlägen machen. Bitte meine nicht, ich würde das alles selber jeden Tag tun – dann wäre der ganze Tag ein einziger Morgen. Wähle aus, lasse weg, nimm etwas, was besser passt. Es sind nur Vorschläge und Ideen, die Dich gerne auf etwas ganz anderes bringen dürfen.

Beginne den Tag mit Musik

Ich weiß nicht, wie es gekommen ist, aber früher habe ich viel mehr Musik gehört, als ich es noch vor wenigen Wochen getan habe. Seit Jahren höre ich eigentlich nur noch Musik, wenn ich in Ruhe auf meinem Zimmer sitze und ein Buch lese. Das kam bis vor ein paar Monaten leider selten vor. Doch dann habe ich meine Gewohnheiten plötzlich verändert und ich habe mich wieder der Musik zugewandt. Musik kann einen so großen Unterschied machen und ist in der Lage, unsere innere Atmosphäre zu beeinflussen.

Jetzt habe ich eine eigene Playlist für die Musik, die ich gerne morgens höre. Manchmal schalte ich sie nach dem Aufstehen oder nach dem Frühstück an und es hilft mir, in eine gute innere Haltung und in eine Verbundenheit mit dem Göttlichen zu gelangen.

Welche Musik spricht Dich an?


Keine Nachrichten am Morgen

Es gab tatsächlich eine Zeit, da habe ich nach dem Aufstehen direkt Nachrichten gehört oder die Zeitung gelesen. Irgendwann habe ich gemerkt, dass die schlechten Nachrichten mich beeinflusst haben und ich mich schlecht gefühlt habe. So habe ich diese Gewohnheit wieder aufgegeben. Höre nicht zu früh die Nachrichten. Es geht nicht darum, sich den Neuigkeiten aus der Welt völlig zu entziehen, aber gib ihnen einen Platz in Deinem Tag, wo Du sie aus einer Position der Stärke und Gefasstheit hören kannst. Der Morgen ist das bei mir nicht, zumindest nicht der frühe Morgen.


Schöne Texte oder Gebete

Halte Dir ein Gebet oder einen Text bereit. Einen schönen Text am Morgen zu lesen oder ein Gebet zu sprechen, das gut formuliert ist, das kann Dir helfen, gut in den Tag zu starten. Ich denke da zum Beispiel an ein schönes Gedicht aus der Romantik oder eines von Hermann Hesse, Rilke oder von wem auch immer. Solche Texte können unser Herz und unsere Seele aufschließen und erwärmen. Vielleicht braucht es etwas, bis Du einen solchen Text gefunden hast. Aber der Prozess des Suchens hat ja seinen eigenen Reiz – denn allem Anfang wohnt ein Zauber inne.


Meditation

Ich beginne den Tag in der Regel mit einer stillen Meditation. Im Tagesablauf meiner Gemeinschaft ist diese Zeit reserviert, das ist natürlich ein ungeheurer Vorteil. Ich muss weder mit mir, noch mit anderen um diese Zeit kämpfen. Wir sitzen alle in der Kirche und schweigen. Das ist eine wichtige Zeit und hilft mir sehr, den Tag im Frieden und verbunden mit Gott zu beginnen.


Stilles Stehen

Übrigens kann auch einfaches, stilles Stehen eine Form sein, den Tag zu beginnen. Stell Dich einfach aufrecht hin. Die Füße stehen dicht nebeneinander, die Hände ruhen vor dem Hara-Punkt (unterer Bauch) oder Du hast die Handflächen zueinander geführt und hältst sie vor der Brust (wie eine alte Gebetshaltung).

So kannst Du mit geschlossenen oder geöffneten Augen einfach eine Zeit lang ganz achtsam und gesammelt stehen. Einfach im Sein ruhen und gegenwärtig sein. Um mehr geht es nicht. Und von dieser Haltung aus machst Du dann abschließend einen bewussten Schritt in den Tag.


Rituale

Rituale können natürlich insgesamt eine Möglichkeit bieten, den Tag bewusst zu beginnen. Im Grunde ist das stille Stehen schon ein kleines Ritual, erst recht, wenn Du den bewussten Schritt tust.

Es muss dabei wirklich nichts Außergewöhnliches sein, etwas, das andere vielleicht sogar als komisch oder seltsam bewerten würden. Das Öffnen des Fensters im Schlafzimmer oder der Tür aus dem Schlafzimmer kann ein Ritual sein, wenn Du es bewusst tust, um den Tag zu beginnen. Oder Du öffnest Dein Tagebuch am Morgen und schließt es am Abend, nachdem Du darin etwas geschrieben hast. Auch das Abreißen des Blattes am Kalender kann ein solches kleines Ritual sein.

Was auch sehr schön sein kann ist, sich am Morgen mit den Pflanzen oder einem Baum zu verbinden, den Du von Deinem Zimmer aus siehst. 

Oder Du trinkst einfach ein Glas Wasser. Das ist gut für die Gesundheit und kann zugleich ein Ritual sein, wie Du den Morgen beginnst und den Tag eröffnest.

Vielleicht machst Du ja schon etwas, um Deinen Tag am Morgen vorzubereiten. dann schreibe es gerne als Kommentar. Ich bin gespannt, was wir zusammentragen können.


korrigiertes Transskript


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