Ich war neulich in Bayern und habe natürlich auch ein paar Kirchen besichtigt. Wie es zu erwarten war, waren es vor allem Barockkirchen, die ich vorfand. Und zu einer Barockkirche gehören nicht nur viel Gold und vorgetäuschter Marmor, sondern auch Engel, sogenannte Putten. Das sind zu einem großen Teil pausbäckige Gesellen, die einen von oben anschauen oder gerne auch durch ihren Blick auf etwas hinweisen.
Wie sehr haben solche Darstellungen unser Bild und unsere Vorstellung von Engeln und Himmel beeinflusst und geprägt?
Heutzutage findest Du sie vor allem auf Friedhöfen, wo solche Engel gerne auf Gräbern liegen. Es ist der Versuch, eine Ebene herzustellen, zu der die meisten aus sich selbst heraus nicht mehr imstande sind.
Du merkst, heute geht es mal wieder um den Himmel.
Ich habe nämlich eine Frage von Gerda bekommen.
Sie hat mir Folgendes geschrieben:
Lieber David,
Was sind Engel für Dich? Glaubst Du an Hierarchien?
Manchmal sehe ich Engel ... als Wolken am Himmel,
in anderen Menschen ... warum scheint es Erzengel zu geben?
Herrkömmliche Bilder verschließen den Weg
Ich merke sehr oft, dass es viele Menschen gibt, die einerseits mit den vorliegenden Bildern und Vorstellungen Probleme haben, aber zugleich auch eine tiefe Faszination spüren und ein Empfinden haben, dass es da etwas geben muss. Es ist ja nicht das erste Mal, dass ich über die Dinge des Himmels spreche. Aber ich tue es gerne, eben weil es wichtig ist, mit einer richtigen und das heißt stimmigen und in gewisser Weise auch logischen Vorstellung daran zu gehen.
Die Aufklärung hat sicherlich viel Gutes gebracht und es gibt keinen Weg zurück. Aber sie hat uns auch etwas genommen, nämlich eine Sichtweise auf diese Welt. Teile unserer aktuellen Probleme rühren daher. Wir sind nicht mehr in der Lage, in dieser Wirklichkeit, in der wir leben, Muster und Formen zu erkennen. Wir sind in viel zu viele Kleinigkeiten und Segmente verstrickt, als dass wir noch solche Muster erkennen könnten.
Die Muster und Formen erkennen
Wenn wir aber beginnen, auf unsere Welt sozusagen von oben zu schauen, dann können wir solche Muster erkennen. Und wenn wir uns erlauben, auf unser Leben zu schauen, dann können wir auch hier Muster und Formen erkennen. Jedes Leben ist Ausdruck von Formen und Mustern.
C. G. Jung nannte das Archetypen und er meinte damit nicht etwas rein Innerpsychisches. Wenn dem so wäre, dann würden die Formen oder Archetypen verschwinden, wenn es keine Menschen mehr gibt. Das war aber nicht die Auffassung von C. G. Jung. Für ihn existierten diese Formen oder eben Archetypen unabhängig vom Menschen. Sie haben eine eigene Existenz und sind daher Teil unserer kosmischen Wirklichkeit.
Diese Archetypen oder Formen und Muster, wie ich sie genannte habe, sie sind in dieser Welt präsent und wirksam. Ihr Zuhause aber haben sie in der symbolischen Welt oder imaginalen Welt.
"Ist ja nur ein Symbol!"
Nun haben wir ein Problem mit Symbolen. Wir sagen nämlich schnell: Ach, das ist doch nur ein Symbol. Engel zum Beispiel, das sind doch nur Symbole. Was wir damit sagen ist Folgendes: Es besitzt keine eigene Wirklichkeit, es existiert nur als Figur und wenn ich diese Figur zerstöre, dann ist das Symbol weg. Das Eigentliche ist nämlich etwas ganz anderes.
Dem ist aber gar nicht so.
Wirkliche Symbole sind Ausdruck von Formen und Mustern oder eben von Archetypen, die in der imaginalen Welt zu Hause sind und immer wieder Einfluss nehmen auf unsere Welt und unser Leben.
Es gibt nämlich verschiedene Seinsebenen oder Weisen der Existenz. Unsere hier auf Erden ist nur eine solche Weise und es ist bei weitem nicht die einzige.
Den Bezug zu der Welt der Symbole, der Zeichen, Muster und Archetypen, den haben wir verloren. Und wir spüren diesen Verlust ganz deutlich, daher auch die Fragen nach Engeln und Himmel und Hölle.
Engel sind "Muster"
Damit ist für mich schon mal klar, ja es gibt Engel und sie zeigen sich als Bilder oder Formen in unserer Welt, sie inkarnieren sich in Menschen und vielleicht auch in Wolkenformationen. Man darf nur nicht das, was wir sehen oder meinen zu sehen, verwechseln mit dem, wie es in der geistigen Welt ist.
Ich finde es erstaunlich, dass jede und jeder im Grunde genau weiß, was ein Engel ist. Du kannst jeden x-beliebigen Menschen fragen, was ein Engel ist und jeder wird Dir in etwa das Gleiche sagen. Engel sind gut, sind Lichtwesen, Götterboten und so weiter.
Das ist eine der grundlegenden Formen eines Engels und wie sich ein Engel in dieser Welt immer wieder neu manifestiert, sich als Muster in eine weltliche Form bringen lässt.
Man kann also durchaus sagen, dass der Archetyp des Engels unsere Welt in-formiert. Er begibt sich in diese Welt als Form hinein und schenkt dieser Welt das Gute und Lichtvolle eines Engels.
Und es gibt auch Schutzengel
Ähnlich verhält es sich auch mit dem Schutzengel. Der Schutzengel ist meine eigene Existenz in der geistigen oder imaginalen Welt. Wir alle haben nämlich auch eine Seinsweise in der geistigen Welt. Es ist die Art und Weise unseres Seins, die wir in dieser Welt inkarnieren und verwirklichen sollen. Sozusagen das Beste, was wir sein können.
Berufung ist damit etwas, was sich aus dieser anderen Seinsweise ableitet und sich mir in meinem Leben zeigt.
Wir können Kontakt dazu haben oder nicht. Die meisten haben keinen Kontakt dazu oder eine sehr naive Vorstellung von Schutzengeln oder Engeln überhaupt. Das sind kindliche Vorstellungen, die nicht mitgewachsen sind und sich nicht weiterentwickelt haben. Das liegt daran, dass es heute zu wenige Menschen gibt, die helfen, eine neue Vorstellung von Engeln und Himmel zu bekommen, die erwachsen ist.
Hierarchie der Engel
Kommen wir jetzt noch zu den Hierarchien und damit auch zu den Erzengeln. Gibt es sowas? Gibt es eine Hierarchie?
Auch hier müssen wir uns von alten und kindlichen Vorstellungen lösen.
Wir leben ja alle in Hierarchien. Das Leben und unser Sein haben Hierarchien. Ich bin ein Mensch, ich bin ein Mann, ich lebe in Hannover, ich bin in Deutschland, Europa, auf dieser Welt, in diesem Kosmos. Auch das ist eine Hierarchie, ist eine Ordnung, wo etwas Kleineres zu etwas Größerem gehört. Alles gehört zu etwas Größerem, nur Gott nicht, Gott ist der Einzige, der nichts mehr hat, zu dem er gezählt werden könnte.
Ich finde es von daher nachvollziehbar, dass die Engel also auch zu etwas Höherem gehören, bevor diese Art der Hierarchie oder Ordnung bei Gott sein Ende findet.
Was sind Erzengel?
Erzengel sind also Formen, Muster oder Archetypen, die ganz grundlegend sind, die in diese Welt etwas bringen, was nicht nur damit zu tun haben wird, ob ich diesen oder jenen Beruf lerne, ob ich gut aus dem Urlaub heimkehren kann oder nicht. Es gibt eine Ebene, die viel tiefer eingreift und das nicht mehr nur auf einzelne Menschen, sondern auf ganze Völker, Nationen, den ganzen Kosmos. Wir nennen solche einwirkenden Größen Erzengel und sehen gleich große Lichtgestalten in wallenden Gewändern und mit langem goldenen Haar. Das aber ist eben nur ein sehr diesseitiges Bild, das uns mehr versperrt, als dass es uns eröffnet.
Zurück auf Null
Am besten wäre es vielleicht, wir würden alle von vorne beginnen, mit den Engeln zu leben, wir entledigen uns aller Bilder und Vorstellung und akzeptieren zunächst eine Zeit reiner Abstraktheit. Erst dann können wir neue Bilder finden, weil wir wissen, dass es nur Bilder sind. Wenn ich ein Herz zeichne, dann ist das ja auch nicht die Verwirklichung von Liebe, es ist nur ein Zeichen dafür. Und so ist es auch mit Engeln.
Liebe Gerda, ich hoffe, Dir damit mehr Klarheit gebracht zu haben. Gerne darfst du natürlich noch nachfragen. Und das gilt auch für Dich, der Du das gerade liest. Ich weiß, dass das Thema viele bewegt und daher stelle mir gerne Deine Fragen im Kommentarfeld weiter unten.
korrigiertes Transskript