Text aus meinem wöchentlichen YouLetter

17. August 2024

Man sagt, dass es in der Bibel 365 Mal den Satz gibt: "Friede sei mit dir!" Ich habe es ehrlich gesagt nicht nachgezählt, aber das ist vielleicht auch nicht so wichtig. Diese schöne Feststellung, die man früher gerne in Exerzitienvorträgen hörte, kam mir neulich wieder in den Sinn.

Seit einiger Zeit beschäftige ich mich mit dem Thema Trauma und Spiritualität, weil ich das Gefühl habe, dass in der Spiritualität das Thema Trauma viel zu wenig beachtet und bearbeitet wird. Vor ein paar Tagen las ich einen interessanten englischen Text, der sinngemäß besagte, dass es nicht ohne Grund so oft in der Bibel um Frieden geht. Das hat nicht nur mit dem semitischen Hintergrund zu tun, sondern auch damit, dass wir erst inneren Frieden finden müssen, um in unserem Glauben und unserer Spiritualität wirklich voranzukommen.

Sich hinzugeben, alles loszulassen und in der Meditation die Gedanken zur Seite zu schieben – ich kenne diese Vorschläge gut und habe sie auch selbst schon weitergegeben, sowohl hier als auch in meinen Videos. Ich finde sie nach wie vor wertvoll! Dennoch erkenne ich jetzt, dass es manchen Menschen schwerfällt, diesen Vorschlägen zu folgen, und das hat oft mit einer Traumatisierung zu tun - mir geht es da nicht anders. Und ich spreche hier nicht gleich von schwerwiegenden Verbrechen, die du dafür erlebt haben musst. Selbst das Zuhören, wenn jemand von etwas Schrecklichem erzählt, kann traumatische Erfahrungen hervorrufen.

Mir wird immer klarer, dass wir in der Spiritualität unbedingt an unserer inneren Sicherheit arbeiten müssen (und ich meine wirklich müssen). Wer von Kindheit an nach Halt sucht und vielleicht endlich einen gefunden hat, wird nicht so leicht loslassen können. Wenn tief in dir die Angst sitzt, dass all die schrecklichen Gefühle auf einmal hochkommen könnten – und du musst es nicht einmal so denken – dann wird es schwierig, bei der Meditation die Gedanken zur Seite zu schieben. Und wer nie eine hilfreiche Begrenzung erfahren hat, wird sich nicht hingeben können. Das liegt nicht daran, dass man nicht spirituell genug ist, sondern weil wir zuerst für innere Sicherheit und Frieden sorgen müssen, bevor wir bei solch herausfordernden spirituellen Übungen Erfolg haben können.

Es ist oft nicht so, dass wir nicht wollen, sondern dass wir einfach nicht anders können – und meistens sind wir uns dessen gar nicht bewusst. Wir spüren die Angst in uns nicht, merken nicht, dass unser inneres System in Alarmbereitschaft ist und um nichts in der Welt jetzt loslassen will.
Stattdessen neigen wir dazu, uns selbst unter Druck zu setzen, machen uns Vorwürfe oder denken, wir seien nicht spirituell genug. Aber keine Sorge, du bist wirklich nicht zu wenig spirituell! Es ist einfach so, dass du noch nicht das Maß an innerer Sicherheit oder Frieden erreicht hast, das du brauchst. 😊

Vorherige Briefe für dich:

  • Ja.Du hast sehr Recht ..der innere Friede ist die wichtigste Voraussetzung zum Loslassen, Sich -Hingeben und um spirituell sein zu können.
    Für diesen Frieden sollte ich mich weder von Menschen noch von Ereignissen neg.beeinflussen lassen. Beziehungen und Unterstützungen, denen man vertraut, können dagegen zum Gefühl des Im-Einklang-Sein führen. Vielleicht ist es für den inneren Frieden und um gelassener zu werden auch hilfreich daran zu denken,
    was Du vor längerer Zeit
    angesprochen hast… aufmerksam bei allem zu sein was ich tue, alles bewusst zu tun – atmen, gehen, essen, riechen usw…
    Deine Gedanken machen Mut und lassen Druck und eig.Vorwürfe weniger werden….Danke ♡

    • Es freut mich naürlich zu hören, dass dir meine Gedanken Mut machen! Ich fidne auch, dass der innere Frieden der Schlüssel zu einem erfüllten Leben ist. Für die meisten von uns ist es gar nicht so leicht diesen „herzustellen“. Welchen Weg gehst du, um immer wieder diesen inneren Frieden zu finden?

      • Ich glaube nicht, daß sich innerer Frieden „herstellen“ läßt. Er entsteht tief in mir, wenn ich meinen Wert erkenne, unabhängig von Meinungen, Verhalten und Anerkennung anderer.
        Mit ganz bewußtem Fühlen und Tun, mit Achtsamkeit im Alltag, wie gesagt, und dem Versuch, mich durch Ereignisse nicht in Gedanken und Gefühlen „verfolgen“ und blockieren zu lassen, gehe ich den Weg zu immer mehr Frieden in mir – was mir weiterhin gelingen möge…

  • Lieber David, in Deinem Text drückst Du für mich etwas sehr Nachvollziehbares aus. In Kindheit, Jugend und auch noch Erwachsenenleben waren es gerade traumatische Erzählungen (v.a. von Kriegserlebnissen, Ängsten, Armut, Flucht meiner Eltern- und Großelterngeneration), die tiefe
    Unsicherheit und Schuldgefühle in mir hervorgerufen haben.
    Inneren Frieden zu finden ist da tatsächlich sehr schwer, wenngleich es mir dank Deiner Übungen (besonders auch solchen, die mit dem Körper verbunden sind) und Deiner Erläuterungen, die meine spirituelle Entwicklung stärken, immer mehr und immer wieder ein Stück weit gelingt. – Ganz herzlichen Dank an Dich!

    • Liebe Maria Regina, es freut mich natürlich sehr zu hören, dass meine Übungen dir helfen, inneren Frieden zu finden. Die Erlebnisse aus der Kindheit und das, was wir von unseren Vorfahren mitgetragen haben, können in der Tat schwer auf uns lasten. Ich finde es daher bemerkenswert, wie du aktiv an deiner spirituellen Entwicklung arbeitest.

  • Lieber Br. David,
    Dein Text hilft mir!
    Mir wird so einiges klar, warum ich Probleme bei der Kontemplation habe. Ich finde diesen inneren Frieden nicht; komme einfach nicht zur Ruhe, weil ich mich selbst unter Druck setze. Zuviel ist in meinem Leben passiert, gegen das ich mich auflehne. In den Psalmen heißt es: „Er schenkt meinen Grenzen Frieden.“ Damit ich in und an meinen Grenzen Frieden finden kann, muss ich diese Grenzen spüren, annehmen und mir selbst verzeihen können, wenn ich mal wieder an meinen eigenen Grenzen und Ansprüchen gescheitert bin.
    Das ist mir bei Deinem Text klar geworden.
    Vielen Dank dafür!

  • Ich lese gerade der Vagusschlüssel zur Traumaheilung von gopal…da wurde mir die Sicherheit nochmals so deutlich als Voraussetung für Heilung, Für Stille, für Entwicklung…karina

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