Warum wir Gott vom Thron stürzen müssen

11. Juli 2020

Unser Gottesbild ist sehr hierarchisch. Wir sprechen vom Höchsten, von den Thronen und Mächten, die ihm dienen. Wir schauen auf, wenn wir zu ihm beten und fühlen uns klein und abhängig. Aber ist das so und muss das so sein? Ich meine, wir sollten die vertikale Hierarchie stürzen und sie zu einer horizontalen Hierarchie machen, einer Hierarchie, die nicht auf uns herab schaut, vor der wir uns nicht klein und unwichtig fühlen. Es geht letztlich um ein Gottesbild, das nicht auf uns herabschaut, sondern uns sozusagen in die Augen schaut, ein Gottesbild, das uns nicht klein macht, sondern in dem wir groß sein und werden können. Lass Dich von meinen Gedanken im heutigen Video berühren und inspirieren!


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  • Ein spannender Aspekt, der meinem Gottesverständnis eher entspricht. Für mich ist Gott so etwas wie die ordnende Energie hinter allem, mit der ich mich verbinden kann und die mir zur Seite steht. Das bedeutet allerdings auch, dass ich verantwortlich bin für mich und mein Handeln. Und auch selbst suchen muss und kann. Schon mit Unterstützung, wenn ich sie den möchte, und auch in der Gruppe, insbesondere weil Energiefelder dann viel dichter sind. Und ich kann mich im Denken und Handeln nicht auf die Sichtweise eines weisen oder nicht so weisen alten Mannes zurückziehen, der mir sagt, wo es lang geht.
    Wie wohl die Oberen der katholischen Kirche das sehen, denn da gibt es ja nun mal eine Vertreter Gottes auf Erden, der uns erklärt und auch vorschreibt, wie wir Dinge zu sehen haben. In der Vertikalen kann es aus meiner Sicht erst Recht keinen Vertreter Gottes auf Erden geben, da sind wir es dann alle, und das gibt Raum und auch Verantwortung

    • Die Kirche als Institution muss neue Wege suchen und gehen, wenn sie an jüngere Generationen Anschluss finden möchte.
      Dazu ist Dein Ansatz von vertikalen auf horizontale Gesichtspunkte zu sehen sehr gut, da man sich so auf einer gleichen Ebene begegnen und näher kommen kann.
      Das ist eine zeitgemäße Ausgangssituation.

  • GOTT in der Horizontale, das entspricht auch meinen GOTTESbild, auch wenn ich es so nicht nenne. Und dieser Begriff gefällt mir, gibt eine Resonanz. Der hierarchische Gott war ja auch nicht der GOTT Jesu, den er aramäisch Abba nannte, was noch heute im Orient eine zärtliche Beziehung zwischen Verwandten ausdrückt. Als Teenie habe ich den thronenden Herrscher in einem Gedicht zu einem alten schwerhörigen Mann gemacht, der in einem Stuhl sitzt und ausgedient hat. Später, als junge Studentin, habe ich das alte Gottesbild dann zusammen mit anderen „Göttern“ vom Thron gestürzt. Danach war erst mal Funkstille, bis ich mich für die Erfahrung mit dem Göttlichen öffnen konnte. Erfahrung prägt mein GOTTESbild. Besser noch, ich habe kein festes Bild mehr von GOTT. Das wird mir gerade, während ich das schreibe, bewusst. Ich erkenne das GÖTTLICHE, das Christusbewusstsein in mir, als mein, als unser wahres Wesen, als das Wesen von allem. GOTT ist für mich Quelle und zugleich Prozess. Ich könnte auch sagen, dass GOTT für mich immer mehr von einem Substantiv zu einem Verb wird. Und ein Letztes. Meiner Meinung nach widerspricht die vertikale Hierarchie unserer Kirche allem, was Jesus uns vermitteln wollte. Das tut mir manchmal richtig weh.

  • Lieber David,
    sehr gut gefiel mir Dein erklärender Begriff der „Verdichtung.“ Ich werde intensivere spirituelle Wahrnehmungen und Gefühle ab jetzt mit dem horizontalen Gott in Verbindung bringen, als kleine Einstiegsübung in eine neue und noch sehr ungewohnte Gedankenwelt. An anderer Stelle erklärtest Du m. E. in einem ähnlichen Zusammenhang Gott oder das Göttliche als den Urgrund, ein Gedanke, den ich gleich gut annehmen konnte.
    Noch etwas ging mir durch den Kopf: Die einzigartige Musik von JS Bach wäre in ihrer Erhabenheit nie so entstanden, hätte es damals schon das horizontale Denken über das Göttliche gegeben. Aber das blende ich dann beim Hören einfach mal aus. 😎
    Vielen Dank für die inspirierenden Gedanken.

    • Liebe Christine, Bach konnte nur vertikal denken, es war die zeit des Barocks. Der vertikale Gott entsprach ganz und gar der Selbstwahrnehmung und der Art wie gesellschaftliche Strukturen gesehen wurden. Ich liebe Bach auch und seine Musik atmet das beste des vertikalen Gottesbildes ein. Wenn Du aber Arvo Pärt hörst, dann hörst Du den horizontalen Gott (wenn man das überhaupt so schreiben kann) oder wenn Du Aandersan hörst. Sie schaffen Klangräume, in denen Du Dich innerlich bewegst. David

      • Lieber David,

        vielen Dank für Deine Antwort und das tolle Beispiel, Arvo Pärts Musik als horizontal zu erfassen. Vor diesem für mich völlig neuen Hintergrund werde ich mich noch diese Woche mal ganz anders in seine Kompositionen hineinhören, eine tolle Inspiration!

        Beste Grüße

        Christine

  • Ja David, bei mir läufst du mit deinem Gottesbild auch offene Türen ein. Geprägt hat mich auch noch die Richtung: ach ich bin viel zu wenig, zu rühmen deinen Ruhm. Aber zum Glück hat sich das längst gewandelt: nein, ich bin nicht zu wenig, zu rühmen deinen Ruhm …. weil ich ein Ebenbild Gottes bin.
    Im Übrigen sind die kirchlichen Machtstrukturen von Menschen gemacht, die kein Interesse daran haben, dass ihre „Untergebenen“ selber denken. Ich wünsche mir eine Gemeinschaft ohne Angst, denn wo die Angst mein Tun bestimmt, hat Vertrauen keinen Platz.
    Schön David, dass du dieses Medium einsetzt, um neue Impulse in die Welt zu schicken. Ich bin zwar mit der Technik noch nicht so perfekt, aber ich arbeite dran. Danke.

    • Liebe Ursula, vielen dank für Deinen Kommentar und den Mut einen solchen zu schreiben. Und ich spüre, dass Du einen guten Weg für Dich gefunden hast. David

  • Lieber David,
    Gott denken, horizontal, entdecken in allem, was geschieht in mir, was geschieht zwischen dir und mir, in Ruhe und Bewegung, auch im scheinbar Nebensächlichen; auch dort ereignet sich Gott und will bei mir in meinem Bewusstsein, in meinem Innersten ankommen. Das bedeutet für mich, besonders die unliebsamen Begebenheiten im Alltag wie auch die unliebsamen Seiten in mir selbst in den Blick zu nehmen – mit Interesse, weil Gott, so vertraue ich, besonders am Chaos Interesse hat und es ordnen kann, wie der Schöpfungshymnus erzählt.
    So zeitgebunden die alten Gottesbilder auch sind- ich lese und bete weiterhin die Psalmen und hoffe, sie eines Tages wieder in der Cella mitsingen zu können.

    • Liebe Frau Richter, Bachsche Musik, die Psalmen, Oratorien, Kantaten, alte Gebete – nicht wird uns genommen. Wir entwickeln uns weiter und Gott sich mit uns (wenn man das so sagen kann). Dennoch brauchen wir auch eine Sprache, die unserem heutiges Empfinden entspringt und es ausdrückt. Das eine tun ohne das andere zu lassen. David

  • Ich möchte mich auch noch einmal melden, da das Thema nachts noch nachwirkte. Wenn man Gott bzw. das Göttliche ausschließlich vertikal anlegt, bleibt m. E. nicht mal mehr das „Vater unser“ als Gebet über. Natürlich kann man auch wortlos beten, das ist mir klar. Andererseits haben Psalmworte und Gebete mich auch oft in schwierigen Zeiten getragen. Auf welche Texte kann man denn dann noch zurückgreifen, wenn alles Vertikale ausgehebelt ist? Man steht dann urplötzlich wie mit leeren Händen da. Ich finde das ganze Thema ziemlich schwierig. Man braucht m. E. softe Übergänge, das Neue peu a peu ins Leben zu integrieren und dafür brauche ich irgendwie immer noch ein Gebet, das ich sprechen kann. Gott steht also nicht oben am Anfang der Hierarchie. Das führt dann aber zu der Frage, ob Gott (überhaupt noch) als allmächtig bezeichnet werden kann. Wie gesagt, ich finde den neuen Umgang mit der Horizontalen als nicht ganz einfach.

    • Liebe Christine, nein, das neue Bild ist nicht einfach. Aber es nimmt uns auch nichts, auch das Vater unser nicht. Es geht nicht um einen Bildersturm, sondern lediglich darum, Gott neu zu denken und die notwendige Entwicklung nachzuholen, die unser Gottesbild benötigt. Beten wir ruhig weiter das Vater unser, wir wissen, dass wir es heute anders auffassen müssen. Aber suchen wir zugleich nach neuen Formen und Worten. Es ist vielleicht nicht die schlechteste Haltung, mit leeren Händen dazustehen…oder? David

      • Lieber David,

        danke auch für diese Antwort.
        Und es stimmt: Mit leeren Händen dazustehen ist in diesem Fall tatsächlich eine gute Ausgangslage, das sehe ich jetzt auch, danke.

        Beste Grüße
        Christine

  • Ihr Lieben –
    es steht geschrieben: “Du sollst dir kein Bild von Gott machen.“
    Also laßt nicht Gott, sondern unsere bzw. die uns vermittelten Gottesbilder uns entfallen.
    Die von David skizierte unselige Verquickung von geistlichen und weltlichen (patriarchalischen) Machtansprüchen ließ mich als jungen Mann aus der Kirche austreten. Um dann jahrzehntelang nichts mit Gott “am Hut zu haben“. Damit waren mir auch keine Gottesbilder zu eigen.
    Im Grunde besteht die große Schwierigkeit, etwas mit Worten beschreiben zu wollen, das sich nicht damit erfassen läßt.
    Um dem Mißverstehen bzw. Wortklauberei & intellektueller Spitzfindigkeit zu entgehen, erscheint es mir sinnvoll, sich auf die eigene Erfahrung einzulassen.
    Mein Gewahrwerden wie sich Gott mir vor gut 6 Jahren vorstellte (“Ich-bin-da“ oder auch “Ich-bin-der-ich-sein-werde“ sprach Gott zu Mose im brennenden Dornbusch), finde ich zutreffend ausgedrückt in Ps. 18: “Er streckte seine Hand aus von der Höhe (sic!) und holte mich und zog mich aus großen Wassern…Und er führte mich ins Weite, er riß mich heraus;“
    Für mich gibt es durchaus ein “oben“. Wenn ich mich bekreuzige, dann verbinden sich in besagter Vertikale Himmel & Erde , ausgespannt in der Horizontalen in Zeit & Raum. Und wo trifft sich das, kreuzt sich das? Genau: in mir, in meinem Herzraum.
    Und wenn wir beten “Unser Vater, der Du bist im Himmel…“, stellst Du dir dann bei dem Wort “Himmel“ jenen Himmel “da oben “ vor, den Du mit Deinen Augen sehen kannst? Ich denke nicht. Mein Empfinden ist eher das einer meine Vorstellungen und sinnlichen Fähigkeiten übersteigenden unendlichen Tiefe (sic!) des “Himmels“.
    Und es gibt für mich durchaus ein “unten“: nicht weil ich mich als klein, unwichtig und abhängig empfinde, sondern weil ich erfahre, daß ich unwissend und bedürftig bin.
    Mitunter “muß“ ich im Gebet einfach auf die Knie…ähnlich wie Simone Weil von sich als “jene Frau, die nicht knien konnte“ schrieb. Bis es sie im Badezimmer (!) dazu zwang. “Heutzutage geschieht das Mysterium am Hauptbahnhof“ sagt Joseph Beuys dazu.
    Danke! liebe Christine für die Erwähnung Bachs. Dem habe ich auch viel zu danken: seine (Instrumental-) Musik drang dereinst selbst durch meinen Alkoholnebel hindurch, ich fühlte mich eigenartig harmonisiert, wie zurechtgerückt.
    Diese Musik ist himmlisch 😊!
    Da wir nicht wirklich wissen, wie ihm ureigenst zumute war, ob er nun einem uns heute als überkommenem geltenden Gottesbild huldigte, so laßt uns diese Klänge als Geschenk annehmen. In Dankbarkeit & Freude.

    • Lieber Axel, vielen dank für Deinen Kommentar und Deine etwas andere Sichtweise. So entdecken wir Wege, so kann Ungewöhnliches entstehen, wenn wir in der Lage sind das eine und das andere einfach sein zu lassen. David

  • Ich habe heute das nachfolgende Zitat von A. Einstein gelesen:

    Die Religion der Zukunft wird eine kosmische Religion sein. Sie sollte einen persönlichen Gott transzendieren und Dogmen und Theologie vermeiden. Im Umfassen des Natürlichen und Geistigen sollte sie auf einem religiösen Sinn gründen, der aus der Erfahrung aller Dinge, sowohl natürlicher als auch geistiger, als einer sinnvollen Einheit entsteht.

    Das geht mit mir stark in Resonanz. So erfahre ich Gott, horizontal und vertikal, in der Tiefe und in der Höhe, tiefer und umfassender als alle Worte.
    Schön diese Vielfalt, die sich hier in den Kommentaren aufzeigt.

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