An dieser Frage scheiden sich wirklich die Geister, die Menschen, scheidet sich die Wissenschaft von der Religion – zumindest die Wissenschaft, wie wir sie üblicherweise kennen. Es ist die Frage danach, ob der Geist die Materie oder die Materie den Geist bestimmt. Es ist wie die Frage nach dem Ei oder der Henne, was zuerst da war.
Warum aber ist diese Frage so wichtig und warum ist es wichtig, dass Du Dich damit beschäftigst? Weil es Dein Weltbild prägen wird, weil Du je nach Deiner Entscheidung Dinge für möglich oder für unmöglich erachten wirst. Mit dieser Entscheidung entscheidest Du, wie Du Dich und wie Du diese Welt siehst. Und daher ist diese Frage auch so bedeutsam für Dich. Grund genug, sie heute anzugehen und noch dazu mit einem biblischen Wort.
In jener Zeit, als Jesus zum Volk redete, rief eine Frau aus der Menge ihm zu:
Selig die Frau, deren Leib Dich getragen und deren Brust Dich genährt hat.
Er aber erwiderte: Selig sind vielmehr die, die das Wort Gottes hören und es befolgen.
Lk 11, 27+28
Diese zwei Sätze gehören zu den seltsamen Worten aus dem Neuen Testament, die man meistens genau deshalb überliest, weil sie nicht sofort einen Sinn ergeben. Ganz anders die schönen Gleichnisse wie vom verlorenen Sohn oder die Wundererzählungen. Sie gehen in uns ein und berühren uns, bereichern uns und sind oft nicht schwer zu verstehen – meinen wir zumindest.
Doch ab und zu kommen dann Sätze vor, die wie Rätsel klingen, die so gar nicht in unser Bild von diesem Jesus passen.
Dazu gehören auch diese beiden Sätze. Sie klingen barsch und hart. Wie kann man so mit der eigenen Mutter umgehen, so könnte man vorwurfsvoll fragen. Und wenn man so fragt, dann ist man schon längst auf dem Holzweg. Man liest dann diese beiden Sätze in ihrer wortwörtlichen Bedeutung. Man meint, man müsse nur die Worte verstehen und dann ergibt sich der Sinn, man nimmt es so, wie es da geschrieben steht.
Es geht nicht um den Wortsinn
Doch auch hier, wie an vielen anderen Stellen, müssen wir tiefer sehen und dürfen uns auf keinen Fall damit begnügen, den Wortsinn verstehen zu wollen.
Hier geht es nicht um die Mutter und darum, dass ein Sohn undankbar oder barsch ist.
Hier geht es um zwei Arten von Beziehungen und die gilt es genauer zu betrachten.
Und nicht nur das, hier geht es um zwei Arten, die Realität zu betrachten.
Die Frau, die ihm zuruft, bezieht sich auf das Offensichtliche:
Selig die Frau, deren Leib Dich getragen und deren Brust Dich genährt hat.
Daran ist zunächst nichts Zweideutiges. Es geht offensichtlich um die Mutter Jesu, die sie hier rühmt und verehrt. Maria, die Jesus geboren hat, wird gehuldigt, weil sie einen Sohn hervorgebracht hat, der ein Heilsbringer ist.
Es geht hier um die ganz menschliche und man könnte auch sagen fleischliche Beziehung, die Beziehung, die ganz offenbar ist.
Wir alle haben solche Beziehungen und wir leben in einer solchen Realität. Aber hier geht es nicht nur um Mutter und Sohn, hier geht es um viel mehr.
Denn das Offensichtliche, das ist all das, was wir sehen und kennen. Im Kern ist es Materie – übrigens kommt Materie ja auch vom Wortstamm her, von Mater oder eben Mutter.
Wer so auf die Welt schaut, für den ist all das real, was man anfassen, begreifen, sehen und schmecken kann. All das, was wir mit unseren Sinnen und komplizierten Apparaturen untersuchen und wahrnehmen können.
Wie uns Materie bestimmt
Die Materie ist uns wichtig und wir alle haben von dieser Weltsicht viel in uns.
Schau Dich um! Die Häuser, die vielen Autos, das Geld auf dem Konto, die Tabletten, die ich schlucke, das Essen, das alles gehört zu dieser Sichtweise, dass nämlich die Materie, das Handfeste das Wichtigste ist und das, was alles bestimmt.
Mein Haus, meine Yacht, mein Auto – kennst Du noch diese Werbung, in der zwei Männer sich gegenüber sitzen und sich versuchen, jeweils mit ihren Gütern zu übertrumpfen?
Keine Werbung hat diese Sichtweise so auf den Punkt gebracht. Weil unser materieller Wohlstand uns definiert, weil wir uns darüber verstehen und vorstellen. Das bin ich, ich bin der mit dem großen Haus, mit dem teuren Urlaub in weiter Ferne, mit der Kleidung, die ganz der Mode entspricht.
So verstehen wir uns selber materiell. Wir sind, was wir haben und besitzen. Das muss nicht einmal etwas sein, das wir tatsächlich anfassen können. Diplome und Doktorgrade können rein digital sein und dennoch gehören sie zu dieser materiellen Weltsicht.
So also tritt diese Frau auf Jesus zu, vermutlich gar nicht mit der Absicht, etwas loszutreten, was dann Jesus tut.
Er antwortet nicht in gewohnt freundlicher Art und Weise, sondern entgegnet:
Selig sind vielmehr die, die das Wort Gottes hören und es befolgen.
Mit anderen Worten: Lobe nicht meine Mutter, sondern die, die dem Göttlichen folgen, die sich auf diesen Weg, den ich zeige, einlassen.
Damit verdeutlicht er den Paradigmenwechsel, der für Jesus wichtig ist und der für uns alle wichtig ist.
Der Geist bestimmt
Denn was Jesus sagt, ist nichts anderes als das: Das wirklich Bestimmende in dieser Welt ist nicht die Materie, nicht das, was ich einsammle oder hervorbringe, sondern das Geistige ist das, was wirklich zählt.
Der Geist bestimmt die Materie.
Nein, werden manche zurufen – Du vielleicht nicht, aber andere – das ist Quatsch, das stimmt nicht. Wenn es so wäre, dann könnte ich mich gesund denken und auf Tabletten und all das verzichten.
Wenn der Geist so bestimmend ist, warum kann ich dann nicht mit meinem Geist dafür sorgen, dass mein Handy anfängt zu fliegen.
Doch das sind nur Ausreden, das sind keine Argumente.
Wer spirituell und religiös lebt oder leben möchte, der wird nicht drumherum kommen zu glauben, dass der Geist die Materie bestimmt und nicht umgekehrt. Nicht, dass die Materie keine Bedeutung hätte, dass sie nichts bewirken kann. Aber am Ende ist es der Geist, der alles schafft und tut.
Das ist ja gerade das Erstaunliche.
Ein Mann liegt im Krankenhaus und die Ärzte kommen zur Visite, sprechen miteinander, aber der Patient versteht nicht wirklich, worum es geht. Er schnappt ein lateinisches Wort auf, er interpretiert es und meint zu entdecken, dass er todkrank ist und wohl wird sterben müssen.
Und so geschieht es auch. Aber der Mann hat die Ärzte völlig falsch verstanden, er war nicht todkrank, er hat sich todkrank gedacht. Sein Geist war es, der ihn hat sterben lassen.
Das ist keine erfundene Geschichte, sondern eine Geschichte, die tatsächlich so passiert ist.
Bring Deine Gedanken in Ordnung
Und von daher rührt auch unsere Aufgabe, unseren Geist in Ordnung zu bringen, unsere Gedanken zu sortieren und gut zu überlegen, welchen Gedanken wir folgen. Denn das, was ich denke und mir vorstelle, zieht die Verwirklichung an, das verändert meine Zukunft, mein Leben.
Wir sind vor allem geistige Wesen, die sich in einem menschlichen und materiellen Körper befinden.
Aber wir wissen noch mehr, wir wissen, dass selbst die Materie rein geistig ist und es Materie in dem Sinne gar nicht gibt. Am Ende landen wir immer beim Geist.
Vielleicht noch ein wichtiger Hinweis dafür, dass der Geist die Materie bestimmt, weil die Materie selber Geist ist.
Unser Glaube kann Berge versetzen, heißt es im Neuen Testament und meint genau das. Dass unser Geist – und Glaube ist ein geistiges Tun, dass unser Geist etwas in dieser Welt bewirken kann und wird.
Und daher ist es eben wichtig: Was denkst Du immer wieder, welchen Gedanken wiederholst Du? Wie denkst Du von Dir und von dieser Welt? Das sind unsere geistigen Grundlagen, aus denen dann unser Leben sich gestaltet.
Das positiv zu beeinflussen, das war eine der Aufgaben, die Jesus für sich sah.
Und das ist unsere Aufgabe auf unserem Weg.
Und hier noch ein weiteres Zitat:
Achte auf Deine Gedanken,
denn sie werden Worte.
Achte auf Deine Worte,
denn sie werden Handlungen.
Achte auf Deine Handlungen,
denn sie werden Gewohnheiten.
Achte auf Deine Gewohnheiten,
denn sie werden Dein Charakter.
Achte auf Deinen Charakter,
denn er wird Dein Schicksal.