Wie Stille in dir entsteht

24. Februar 2024

Was ist Stille überhaupt? Es gibt so viele Dinge, über die wir gerne sprechen, als würden wir sie kennen, als wäre klar, worüber wir sprechen, als würde allen bewusst sein, was damit gemeint ist. So geht es meistens auch, wenn wir über Stille sprechen.

Ist Stille das hier:

Also ein Augenblick oder sogar ein paar Minuten, kurz eine Zeit ohne Geräusche, ohne dass ich spreche? Ist es das, was wir Stille nennen, wenn wir von Stille sprechen?

Doch wir wissen alle, was passiert, wenn wir eine Zeit haben, wo wir nichts oder nur sehr wenig hören, in uns geht es dann richtig los. Wir hören unsere inneren Stimmen. Da erinnert eine Stimme daran, dass wir noch etwas einkaufen müssen, oder, dass wir noch eine Überweisung tätigen müssen. Eine andere erinnert uns an die missratene Begegnung mit einer Kollegin oder der Verkäuferin im Supermarkt. Und schon spüren wir wieder den Groll und den Ärger, den uns diese Begegnung gebracht hat. Und dann kommt gleich die nächste Stimme, die sagt: Warum regst du dich nur so auf, lass das doch. Und eine weitere Stimme gesellt sich hinzu: Du darfst nicht so ärgerlich sein, du musst nett und liebevoll sein, hör sofort auf damit.

Und schnell noch eine weitere Stimme, die uns mitteilt, dass du gleich aufbrechen musst, um den nächsten Termin zu erreichen. Und so geht es immer weiter. 

Ist das also Stille?


Stille ist nicht Stille

Stille entsteht nicht, wenn wir in unserem inneren Stimmengewirr gefangen sind, wenn Bedürfnisse sich ständig melden, wenn Ängste laut werden und wir uns davon nicht distanzieren können. Das ist keine Stille.

Eigentlich stellt sich mit der Stille die Frage, wer du bist. Wer bist du eigentlich, wer bist du wirklich? Bist du ein Teil deiner Stimmen, eine ganz bestimmte davon, oder keine von all diesen inneren Anteilen, wie man sie auch nennen kann?

Denn meistens meinen wir derjenige oder diejenige zu sein, die gerade am lautesten ruft. Dann bin ich wütend oder die Wut, oder die Angst, oder die Fürsorgliche, die Nette oder der Kämpfer und der Missmutige. Aber bin ich das, wenn ich in weniger als drei Sekunden von einer Stimme zur nächsten wechseln kann? Wer bin ich denn in all diesen Stimmen?

Und daher sage ich, dass Stille nicht der Zustand ist, bei dem es keine Dezibel mehr zu messen gibt, sondern, dass Stille ein innerer Zustand ist. Aber welcher innerer Zustand ist Stille oder können wir Stille nennen?


Stille ist Leere

Stille ist der Zustand, wo ich weder mit der inneren Angst, der Wut, der Stimme des Kämpfers, noch mit der des Missmutigen verbunden und identifiziert bin. Sie sind alle da, sie sprechen vielleicht auch alle, doch mit keiner von diesen Stimmen bin ich so verbunden, dass ich sagen könnte: das bin ich, ich bin der Kämpfer, ich bin die Angst.

Aber was oder wer bin ich, wenn ich mit all diesen Aspekten oder Teilpersönlichkeiten nicht mehr verbunden bin, wenn es mir gelungen ist, mich davon zu lösen? Wer bin ich dann? Wer ist dann da?

Und jetzt wird es vielleicht etwas seltsam. Denn wenn dieser Zustand erreicht ist, wo ich mit niemandem mehr verbunden bin, dann entsteht eine Leere. Nicht die Leere, die wir kennen, wenn wir sagen, dass der Teller oder das Glas leer sind. Es ist eine andere Leere, die zugleich auch Fülle ist.

Es entsteht ein Zustand, wo ich nicht mehr sagen kann, sieh her, das bin ich. Alles, was ich hier noch sagen kann, ist: ich bin.

Und wenn ich in diesem Ich-bin-Zustand bin, dann entsteht eine ganz besondere Qualität in mir. Es ist nicht der Kern meiner Identität oder meiner Persönlichkeit. Das habe ich früher auch mal gesagt, aber es stimmt nicht, weil es etwas Festes und klar Umrissenes suggeriert. Das ist es nicht. Es sind lediglich Qualitäten, die sich zeigen und die aus einem offenen Raum, - auch das ist ein schwieriger Begriff - aus einem offenen Raum heraus entstehen oder darin ruhen und darauf warten, erlebt zu werden.


Der Zustand, den wir Stille nennen

Und dieser Zustand, der dann entsteht, den nenne ich Stille.

Es ist ein Zustand des Bei-sich-Seins, ganz nah bei sich, sich zu spüren aber darin nicht verhaftet zu sein. Ich bin ganz bei mir.

Es ist ein Zustand der Ruhe, da mich nichts Beunruhigendes umfasst und in der Hand hat.

Es ist ein Zustand der Klarheit, weil nichts da ist, was eintrüben kann.

Es ist ein Zustand der Sanftmut, weil kein Druck mich trifft.

Es ist ein Zustand der Verbundenheit, da nichts mehr zwischen mir und den anderen Menschen steht.

Das ist der Zustand der Stille und vielleicht wird jetzt klar, warum dieser Zustand so wichtig für das spirituelle Leben ist, denn es sind allesamt tiefste spirituelle Qualitäten.

Äußere Stille ist dabei sehr hilfreich und nützlich, bietet uns den Raum, worin wir in uns gehen können, um uns von all den inneren Teilen zu desidentifizieren.


Es geht um eine Qualität

Aber es reicht bei weitem nicht, allein in einem stillen Raum zu sein und dann zu meinen, wirkliche Stille erlebt und erfahren zu haben. Und es reicht auch nicht einfach alles zum Schweigen zu bringen, ohne in diese Qualität zu kommen, dann könnte eine Narkose auch ein Weg sein, Stille zu erfahren.

Erst wenn diese Qualitäten sich spontan zeigen und auftreten, erst dann kann man, so meine ich, von Stille wirklich sprechen.

Wie aber komme ich dahin, was kann mir wirklich helfen, diese Stille zu erfahren? Welche Übung gibt es, die mir beisteht und mich anleitet, in diese Qualitäten zu kommen?


Innere Arbeit

Nun, als erstes nenne ich das, was man innere Arbeit nennt. Denn diese vielen inneren Stimmen bestehen ja aus Angst, unerfüllten Bedürfnissen, aus Sorgen, Vorstellungen, festen Meinungen und Glaubenssätzen. So einfach lassen sie sich nicht zur Seite legen und kommen nicht  zur Ruhe, nur weil ich es will. So leicht kann man sich von denen nicht desidentifizieren. Dafür ist innere Arbeit wichtig. Und diese innere Arbeit sollte sich  um die verschütteten Bedürfnisse drehen. Es geht darum herauszufinden, welche tiefen Bedürfnisse du nicht lebst, wie du deine verletzten Seiten schützt und damit konservierst. 

Das ist kein einfacher und kein kurzer Weg, aber ein Weg, den du wirst gehen müssen. Er ist für das spirituelle Leben notwendig und wichtig.

Und wenn es dir gelingt, all diese inneren Stimmen zu akzeptieren, als einen Teil von dir anzuerkennen, dann bist du schon einen großen Schritt weiter, um mehr innere Freundlichkeit zu erleben.

Jede Stimme darf nämlich sein, jede Wut, jeder Ärger, jede Not und jede Sorge. Sie alle haben ein Existenzrecht, das du anerkennen solltest. Das ist ganz wichtig, sonst wirst du nie Frieden erfahren.

Und du erkennst deine Fortschritte daran, wie sehr du ihre Existenz anerkennen kannst.

Und so stellt sich dann Schritt für Schritt eine innere gute Ordnung her, in der Vertrauen eine große Rolle spielt. Das nennen wir dann eine ausgeglichene Persönlichkeit.


Tu, was dir Freude bereitet

Ein weiterer Weg ist ein ganz schöner, nämlich der Weg der Freude. Tu, was dir Freude bereitet und du bist den inneren Qualitäten von Klarheit, Ruhe und Bei-sich-Sein schon ganz nahe. Die Freude ist eine wunderbare Brücke zu den tiefen inneren Qualitäten, von denen ich vorhin sprach. Tu das, was dich erfreut, woran du Spaß und Freude hast, was dich motiviert ganz aus dir heraus. Das kann Sport sein, ein Hobby, das kann etwas Kulturelles sein oder eine Handarbeit, was auch immer. Tu es und genieße diese Freude daran. Das ist eine wunderbare Brücke zu der inneren Qualität der Stille.

Dazu zählt auch die Schönheit. Geh dorthin, wo Schönheit wohnt, sieh dir das an, höre, was schön für dich ist, was sich für deine Ohren schön anhört, für deine Augen schön aussieht. Davon solltest du dir viel in deinem Leben bereiten. Schönheit ist auch eine sehr gute Brücke zur inneren Qualität der Stille, wie ich sie eben beschrieben habe.


Beginne zu meditieren

Natürlich gehört auch die Meditation dazu, die dir hilft, dich von allem zu lösen. Das heißt nicht, dass nichts mehr da ist, dass du nichts mehr spürst oder innerlich wahrnimmst. Es heißt lediglich, dass du dich mit nichts mehr identifizierst. Eine solche Meditation, die dich das lehrt und dir den Übungsrahmen zur Verfügung stellt, eine solche Übung solltest du unbedingt erlernen und in deinem Alltag leben.

Auch die Natur kann eine sehr gute Lehrmeisterin sein. Denn alle Pflanzen leben in dieser Stille, leben diese Qualität in größter Reinheit. Gehe hinaus und erspüre das in den Pflanzen.


Was aber hat Stille mit Gott oder dem Göttlichen zu tun?

Wenn du im Zustand innerer Stille bist, also diese besonderen Qualitäten in dir wahrnimmst, dann stellt sich eigentlich diese Frage nicht. Denn diese Stille, sie hat Tiefe und sie führt in die unendlichen Tiefen Gottes, in die Verbundenheit und die Erkenntnis des Göttlichen. Und je tiefer du gehst, umso mehr wirst du erkennen, dass wirklich alles eins ist und zusammengehört.

So will jede innere Stimme letztlich zu Gott führen. Vielleicht können wir daher Gott auch als eine Qualität beschreiben und nicht so sehr als ein fest umrissenes Wesen. Gott ist eine Qualität, die in dieser Welt und darüber hinaus zugegen und wahrnehmbar ist.

Und so nimmst du im Wahrnehmen dieser besonderen Qualitäten letztlich Gott wahr.

Und wenn du tief genug gegangen bist, wenn du spürst, dass die Tiefe kein Ende kennt, dann bekommst du eine Ahnung von dem, was man Unsterblichkeit nennt. Denn in der Tiefe gibt es keinen Tod mehr, dort ist nur Liebe und Leben.

Und du wirst verstehen, dass eine solche Begegnung oder eine Ahnung von der Unsterblichkeit ihre Spuren hinterlassen wird. Du wirst ein anderer Mensch werden, nicht nur friedlicher, nicht nur klarer, ruhiger, sondern vor allem wirst du ein Mensch, der von der Unendlichkeit gekostet hat.

Aber, das ist noch nicht das Ende, das ist nicht die letzte Wahrnehmung, die letzte tiefe Erfahrung, die dich prägen wird - ich weiß selbst nicht, wo es endet, wenn es überhaupt endet.

Was ist Stille überhaupt, so hatte ich dieses Video begonnen und jetzt verstehst du sicherlich, dass reine Lautlosigkeit noch gar nichts bedeutet und nichts bewirkt, wenn wir nicht diese innere Arbeit tun, wenn wir uns nicht auf den Weg machen.

Und jetzt verstehst du auch das Wort von Meister Eckhart:

„Das ewige Wort wird nur in der Stille laut.“

Weil die Ewigkeit selber Stille ist und nur durch diese Stille, wie ich sie dir hier vorgestellt habe, kommst du in Berührung mit dieser Ewigkeit.



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