Text aus meinem wöchentlichen YouLetter

13. Juli 2024

Seit Wochen zeichne ich jeden Tag zwei bis drei Bilder. Ein Bild ist ein einfaches Symbol - derzeit eine gerade Linie, die ich mit geschlossenen Augen immer wieder nachzeichne. Und zwei Bilder sind freie Zeichnungen, auch mit geschlossenen Augen und je einem Kreidestift in einer Hand. Ich zeichne dann nichts Bestimmtes, sondern überlasse es dem Prozess, dass entsprechende Impulse aus der Tiefe meines Seins auftauchen.

Letztens hatte ich wieder ein solches Bild gemalt und als ich die Augen öffnete, sahen mich plötzlich zwei Augen an, ich hatte, ohne es zu merken, zwei Augen gezeichnet. Ich war erst verwirrt, aber nach ein paar Stunden wurde mir klar: Es sind die Augen Gottes.

Das hat mich sehr berührt. Zwar kenne ich auch das Unbehagen, wenn man sich beobachtet fühlt oder mit kritischem Blick betrachtet wird. Doch hier war mir sofort klar, dass es nicht um diese skeptische Haltung geht und auch nicht um ein einfaches Beobachten. Hier stand in schwarzer Kreide geschrieben, dass Gott mich im Fokus seiner Aufmerksamkeit hat.

Das ist zwar als Gedanke nichts Neues, aber als Erfahrung ist es das sehr wohl. Es macht nämlich einen Unterschied, ob ich Gott einfach annehme, also davon ausgehe, dass er existiert, oder ob ich mich im Fokus seiner Aufmerksamkeit erlebe und wahrnehme.

Ich spüre keinen Druck und keine Kritik, nicht einmal überschwängliche Liebe Gottes mir gegenüber, es ist einfach diese freundliche Aufmerksamkeit, die ich wahrnehme. Und wenn ich ganz tief in diese Wahrnehmung gehe, dann spüre ich eine Freude und eine innere Ruhe.

Wenn ich weiter darüber nachdenke, dann ist es eine stille Aufmerksamkeit Gottes, die nichts erwartet, nicht einmal das Gute, sondern einfach freundlich blickt und wahrnimmt. Und ich kann diesen Augen nichts zeigen, was sie nicht schon gesehen haben und nichts, was diese Augen schockieren könnte. Und vor allem kann ich nichts machen, dass sich diese Augen abwenden und selbst in meiner größten Dummheit würden die Lider nicht zugeschlagen, nicht einmal dann verengten sich die Augen zu einem ungläubigen und kritischen Blick.

Und so nehme ich immer wieder einen Moment meines Tages in die Hand, ich spüre, wie Gottes Aufmerksamkeit auf mir ruht und schon wird der Moment zu einem besonderen Augenblick, ich spüre Bedeutung und Verbundenheit.

Und ich merke, wie wenig es manchmal braucht, um diese tiefe Freude zu erleben.


David

Vorherige Briefe für dich:

  • Lieber David, die Schilderung Deiner Empfindungen beim Anblick der Augen Gottes sind sehr eindrucksvoll, bewegend . Wunderschön, zeichnerisch den Tag mit Gottes Augen zu betrachten. Für mich mit nachhaltiger Wirkung.
    Liebe Grüße Gabriele

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