Selbstdisziplin ist vermutlich ein Problem vieler Menschen. Gilt das auch für Dich?
Es beginnt beim Aufräumen, Putzen, und geht weiter damit, Aufgaben zu erledigen, zu denen man keine Lust hat. Und auch im spirituellen Leben spielt Disziplin eine Rolle. Man will meditieren, möglichst jeden Tag, oder ein besonderes Buch lesen, das schwer zu verstehen ist und nicht gleich einen Gewinn bringt. Wie komme ich dazu, das zu schaffen, wie kann ich mein Verhalten so ändern, wie ich es möchte, damit ich nicht faul in der Ecke sitze, sondern eben meditiere oder lese?
Wir können nicht nur nach dem Lustprinzip leben, weil manches erst seine Früchte zeigt, wenn man lange durchgehalten hat, wenn man etwas lange und oft getan hat. Die Frucht der Meditation stellt sich in der Regel erst nach Jahren ein. Wir wissen das alle und daher gibt es keinen Grund, nicht zu meditieren. Und doch fällt es uns schwer. Wir sind müde, haben viel zu tun oder es nagen Probleme und Sorgen an uns.
Brauchen wir Disziplin?
Ich möchte Dir in diesem Beitrag zeigen, dass es nicht um Disziplin geht, sondern um etwas ganz anderes und schließlich werde ich Dir zeigen, wie es Dir gelingen kann, in Deinem Alltag und an Deinem Verhalten etwas zu ändern.
Vor einigen Jahren gab es eine lebendige Diskussion über Disziplin in Schulen und ob man Disziplin überhaupt braucht.
Es ist sein schwieriger Begriff, weil Disziplin immer etwas Hartes hat. Disziplin ist der Kampf gegen sich selbst, den man mit einem Befehl gewinnen will. Dahinter steckt die Vorstellung, wir würden wie eine Armee funktionieren und wenn es einen Befehl gibt, dann wird der ausgeführt. Wenn wir es versuchen, dann merken wir schnell, dass es da immer eine Schwachstelle in uns gibt und die wird umso stärker, je lauter und unerbittlicher der innere Befehlston wird.
Das kennen vor allem Menschen, die sich das Rauchen abgewöhnen wollen oder auf Alkohol verzichten möchten. Das Vorhaben ist gefasst, man will es ganz bestimmt und ist auch gewiss, dass es zu schaffen ist. Und dann schleicht sich doch neben der harten inneren Stimme eine andere, zunächst leise Stimme ein. Sie stellt erst einmal nur vorsichtig in Frage, baut innere Bilder auf, relativiert das Anliegen und schon sind erste Risse in unserem festen Vorhaben zu sehen.
Mir ging es so, als ich mich noch dazu überreden musste, Sport zu machen. Ich wusste, dass es sein muss, es gut für mich ist, man liest es immer wieder und andere sagen es auch. Ich habe es zudem nicht weit bis zur nächsten Möglichkeit, ich habe auch alle Sachen in meinem Zimmer. Und doch sehe ich da gerade diese Mail auf meinem Handy, die sollte ich noch eben beantworten. Ach, wie blöd, das hat jetzt länger gedauert, na, jetzt lohnt es sich auch nicht mehr zum Sport zu gehen. Und schon hat meine andere Seite gewonnen.
Das ging so lange, bis ich gemerkt habe, dass ich den falschen Sport versuche zu treiben, und seither muss ich mich nicht mehr überreden und Tricks anwenden, damit ich aufstehe und mich bewege.
Was Disziplin in uns weckt
Das ist das Schwierige an Disziplin, dass sie immer den anderen Pol weckt, sie weckt immer die Seite, die mich zu etwas Bequemen verführen möchte, zu etwas, wo ich mehr Lustgewinn habe.
Letztlich ist Disziplin eine Form der Selbstkontrolle. Das kann in Gefahrensituationen sehr wichtig sein, weil Selbstkontrolle dann sehr schnell reagieren kann. Aber es ist kein Werkzeug, um unser Leben zu planen und darauf aufzubauen. Denn im schlimmsten Fall führst Du dann einen Krieg gegen Dich selbst und wirst ihn vermutlich verlieren oder nur unter großem Verlust Erfolge haben.
Wenn Disziplin also kein guter Weg ist und Selbstkontrolle uns auf Dauer nicht weiterhilft, was ist es dann?
Es geht um Regulation
Statt um Kontrolle geht es meines Erachtens um Regulation. Bei einer Regulation berücksichtige ich beide Seiten, ich regle zwischen diesen beiden Seiten hin und her. Bei der Disziplin gibt es nur eine richtige Antwort, bei einer Regulation gibt es viele Antwortmöglichkeiten und die Wahrheit liegt nicht auf nur einer Seite, sondern irgendwo dazwischen.
Und das, worum es dann dabei geht, das nenne ich spirituelle Gewohnheiten. Und wir brauchen solche Gewohnheiten, das sagte ich ja schon zu Beginn.
Unser Leben ist voller Gewohnheiten
Gewohnheiten kann ich annehmen und ich kann sie erlernen. Jeden Tag aufs Neue lerne ich neue Gewohnheiten und verändere vorhandene. Gewohnheiten sind flexibel, sie können sich anpassen, haben aber zugleich den Vorteil, dass ich sie vollziehe und nicht immer vorher darüber nachdenken und sie mir vornehmen muss. Sie sind, wenn sie denn erst einmal Gewohnheiten sind, nicht angefragt. Wie ich mir z.B. morgens die Zähne putze. Das ist eine Gewohnheit, dafür brauche ich auch keine Disziplin. Ich tue es einfach, es braucht wenig Mühe mir die Zähne zu putzen. Auch abends putze ich mir die Zähne, aber ich kann es auch mal lassen, weil ich vielleicht selbst dafür gerade zu müde bin oder warum auch immer.
Unser ganzer Alltag ist voller Gewohnheiten. Wir erkennen das nicht immer, weil Gewohnheiten wenig Denkkapazität brauchen.
Vor allem aber nehmen wir Gewohnheiten nicht durch Druck an, durch Befehl und innere Härte. Meistens ergeben sie sich einfach. Es ergibt sich einfach, dass ich immer diesen Weg in die Stadt nehme. Es gibt tausend Wege, ich aber nehme immer diesen. Insofern sind Gewohnheiten viel entspannter und ist eine freundlichere Art, mit mir selbst umzugehen.
und darum geht es mir auch, dass wir in Frieden mit uns sind und uns innerlich nicht auf einem Exerzierplatz befinden.
Wie Du gute Gewohnheiten leichter annehmen kannst
Wie aber nimmt man nun neue Gewohnheiten an, wie kann es mir gelingen, beispielsweise jeden Tag zu meditieren? Dafür gibt es eine ganze Reihe an Hinweisen und Empfehlungen, die ich Dir jetzt geben möchte.
Was möchtest Du Dir zur Gewohnheit machen?
Zunächst die Frage, was Du genau als Gewohnheit annehmen möchtest. Bleiben wir bei der Meditation. Du willst meditieren, sehr gut. Dann ist es wichtig, zu Beginn die Zeit der Meditation so zu bemessen, dass Du nicht zu ehrgeizig bist und nicht schon innerlich denkst: Das ist aber lang. Du musst die Zeit am Anfang so bestimmen, dass Du denkst, das schaffe ich immer. Dadurch wird keine innere Gegenwehr aktiviert.
Du musst das Warum kennen!
Als Nächstes sollte Dir ganz klar sein, warum Du meditieren möchtest. Was ist Deine wirkliche Motivation? Willst dem Meister imponieren, willst Du es machen, weil gerade alle in Deinem Freundeskreis meditieren, willst Du weniger Stress haben, Gott begegnen, erleuchtet werden? Was ist Deine Motivation?
Wie fühlt es sich an?
Und dann empfehle ich Dir nachzuspüren, wie es sich anfühlt, wenn Du die neue Gewohnheit wirklich verinnerlicht hast. Wie wird sich das anfühlen, wenn Du irgendwann feststellst, dass Du schon seit 6 Monaten regelmäßig meditierst? Spüre dem ganz genau nach.
Erzähle anderen davon!
Was sich als sehr hilfreich erwiesen hat ist, dass Du jemandem erzählst, dass Du nun beginnst zu meditieren und was Du Dir davon versprichst. Sage der Person, dass sie Dich vielleicht in ein paar Tagen oder Wochen daran erinnert. Das kann eine gute zusätzliche Stütze sein. Es geht nur um eine Erinnerung, nicht um Kontrolle. Aber wenn Du weißt, dass man Dich fragen wird, ob Du begonnen hast regelmäßig zu meditieren, dann hat das Vorhaben sogleich eine ganz neue und andere Bedeutung. Es wird Energie freigesetzt zur Umsetzung.
Benenne es!
Und nun gib Deinem Vorhaben einen Namen. Wenn man einer Sache einen Namen gibt, dann hat es eine größere Präsenz, selbst wenn es um etwas nicht Materielles geht. Wenn Du also Deinem Plan täglich zu meditieren, beispielsweise den Namen “Das Dalai-Lama-Projekt'' gibst, dann kannst Du über dieses Vorhaben sprechen und insofern es auch benennen. Das gibt dem Ganzen ein Gewicht und eine zusätzliche Bedeutung.
Und vergiss das nicht!
So und nun noch dieser letzte und wichtige Hinweis für Dich:
Mache Dir vor Beginn bewusst, dass Dein Vorhaben eine Reise sein wird, in deren Verlauf es Rückschläge und schwierige Situationen geben wird. Das ist ganz normal und gehört dazu. Aber sei Dir dessen bewusst und erinnere Dich daran, dass Du darüber nachgedacht hast, wenn es soweit ist. Dann wirst Du gnädiger mit Dir umgehen und nicht gleich die Flinte ins Korn werfen.
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